Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 253
Wie auch in Deutschland oszilliert der Stiftungsbegriff in anderen Rechtsordnungen an der Grenze von allgemeiner Rechtsform für alle Zwecke und Rechtsträger lediglich für gemeinnützige Zwecke. In der Gestaltungspraxis kommen auch immer wieder Konzepte unter Beteiligung ausländischer Stiftungen zum Einsatz. Hier sind die zivilrechtlichen und die Steuerfolgen durch den Berater im Einzelfall genau zu untersuchen. Die nachfolgende Darstellung kann hier nur einen Überblick geben:
8.1.1 Österreichische Familienstiftung
Rz. 254
Das österreichische Stiftungsrecht ist dreigliedrig (vgl. Kalls in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch Vermögensverwaltung, 3. Aufl. 2022, Teil D., § 52 Rn. 1) und sieht eine Privatstiftung vor, die ähnlich der Stiftung nach dem deutschen BGB sowohl privatnützig als auch gemeinnützig sein kann, und die Rechtsform der "Bundesstiftung," die nur für gemeinnützige Zwecke offensteht. Daneben bestehen landesrechtliche Stiftungsinstitute der Bundesländer ebenfalls ausschließlich für gemeinnützige Zwecke.
Rz. 255
Von herausgehobenem Interesse für die Vermögensnachfolge unter Einsatz einer Stiftung kann vor allem die österreichische Privatstiftung sein, denn sie kann als reine Unterhaltsstiftung und sogar als "Stiftung für den Stifter," die lediglich die Absicherung des Stifterunterhalts bezweckt, errichtet werden (Jakob/M. Uhl in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.10.2020, § 80, Rn. 834). Der Gestaltungsspielraum der österreichischen Privatstiftung geht damit weit über den Anwendungsbereich der deutschen rechtsfähigen Stiftung hinaus.
Rz. 256
Die Privatstiftung entsteht ohne staatlichen Anerkennungsakt. Folgerichtig untersteht die Privatstiftung auch nicht der Stiftungsaufsicht. Rechtsgrundlage ist das Privatstiftungsgesetz (PSG, öBGBl 1993/694). Die Konzeption der Privatstiftung gleicht stärker der einer KapG, als es bei der Stiftung nach dem BGB der Fall ist. Sie kann auch durch mehrere Stifter gegründet werden und wird in das Firmenbuch, das österreichische Handelsregisteräquivalent eingetragen. Sie benötigt ein Mindestkapital von 70.000 EUR als Grundstockvermögen ("Stammvermögen", § 4 PSG). Es bestehen keinerlei gesetzliche Beschränkungen für Ausschüttungen aus dem Stammvermögen an die Begünstigten der Stiftung. Der Vorstand der Stiftung muss aus wenigstens drei Personen bestehen (§ 15 PSG). Die Privatstiftung darf keine gewerbliche Tätigkeit ausüben und auch nicht die Geschäftsführung oder die Vollhaftung in einer Personenhandelsgesellschaft übernehmen (§ 1 Abs. 2 PSG). Gestaltungen wie die Unternehmensträgerstiftung oder die Stiftung & Co. KG sind mit der österreichischen Privatstiftung daher nicht möglich. Begünstigte und ihnen nahestehende Personen sind vom Vorstandsamt ausgeschlossen. Zu beachten ist jedoch die Besonderheit, dass das PSG eine Ausschüttungssperre gegenüber den Destinatären vorsieht, soweit Ansprüche von Stiftungsgläubigern durch eine Zuwendung an die Destinatäre geschmälert würden (§ 17 Abs. 2 Satz 2).
8.1.2 Liechtensteinische Stiftung
Rz. 257
Ein noch stärker liberalisiertes Recht bietet das Fürstentum Liechtenstein hinsichtlich der Familienstiftung an. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in Art. 552 des Personen- und Gesellschaftsrechts (§§ 1 bis 41) (LGBl Nr. 4 vom 19. Februar 1926, vollständig revidiert durch LGBl. 2008/220). Auch die liechtensteinische Stiftung kann als eigennützige Stiftung allein zur Versorgung des Stifters errichtet werden. Stifter können eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen sein (Art. 552 § 4 Abs. 1 PGR). Die Gründung durch einen Treuhänder ist zulässig (Art. 552 § 4 Abs. 3 PGR). Zulässig sind alle Zwecke außer der reinen Selbstzweckstiftung. Zumindest teilweise muss die Stiftung daher ausschütten (vgl. Schopper/Walch in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, 3. Aufl. 2022, Teil E, § 62 Rn. 82). Die Geschäftsführung obliegt einem Stiftungsrat, der aus wenigstens zwei Mitgliedern besteht (Art. 552 § 24 Abs. PGR). Der Stifter kann selbst bestimmen, ob seine Stiftung der staatlichen Aufsicht untersehen soll oder nicht (Art. 552 § 29 Abs. 1 PGR). Im letztgenannten Fall obliegt die Aufsicht den Beteiligten der Stiftung. Das Mindestkapital der Stiftung beträgt entweder 30.000 CHF oder alternativ 30.000 $ oder 30.000 EUR (Art. 552 § 13 PGR). Es ist vollständig in das Vermögen der Stiftung zu leisten. Darüber hinausgehende Beträge sind nach dem Gesetz nicht zwingend mit der Gründung einzuzahlen.
Rz. 258
Noch weitergehend als bei der österreichischen Familienstiftung kann sich der Stifter sowohl den jederzeitigen Widerruf wie auch die jederzeitige Änderung der Stiftungsverfassung und des Stiftungszwecks vorbehalten (vgl. Walch, PSR 2014, 119, 122 m. w. N.). Die Stiftung entsteht mit ihrer Errichtung. Die privatnützige Stiftung muss nicht in das Handelsregister eingetragen werden; ein Eintrag kann aber freiwillig erfolgen (Art. 552 § 19 PGR).
Rz. 259
Neben der Nachfolgeplanung ist die liechtensteinische Stiftung auch als Instrument i. R.d. Vermögensvorsorge und des V...