Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 275
Sind ausländische Rechtsträger Gegenstand der Vermögensnachfolgeplanung, sind vor allem die Bestimmungen des deutschen AStG für die steuerliche Würdigung der geplanten Struktur zu berücksichtigen. Der gesetzliche Rahmen kann hier nur grob umrissen werden.
8.4.1 Grundlagen zur Besteuerung ausländischer Stiftungen und Trusts
Rz. 276
Die meisten Stiftungen ausländischen Rechts sind als juristische Personen selbst Rechtsträger, so dass das ihnen gewidmete Vermögen wie bei der deutschen rechtsfähigen Stiftung zivilrechtlich auch auf diese ausländischen Stiftungen übergeht. In vielen ausländischen Rechtsformen kann der Stifter für sich selbst oder für die Begünstigten der Stiftung weitreichende Einflussmöglichkeiten sichern. Ist das der Fall, ist § 39 AO zu beachten und zu prüfen, ob aus Sicht des deutschen Abgabenrechts die Stiftung tatsächlich wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögens geworden ist. Dabei ist unter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise darauf abzustellen, wer die tatsächliche Sachherrschaft über das Stiftungsvermögen ausübt und Substanz sowie Erträge des Stiftungsvermögens nutzen kann (vgl. BFH vom 15.07.1997 – VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152).
Rz. 277
Für Trusts ist § 39 AO auf ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Settlor ("Stifter"), dem Trustee und dem Beneficiary (Begünstigten) anzuwenden. Abzustellen ist sachgemäß auf die Rechtsstellung des Settlors und des Begünstigten. Anhaltspunkte ergeben sich einerseits aus der Dokumentation ("Trust Deed", "letter of wishes" etc.) sowie aus der tatsächlichen Durchführung (vgl. Kraft, ZEV 2020, 608). Bleibt der Settlor bei wirtschaftlicher Betrachtung i. R.d. § 39 AO wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögens im Trust, ist der Trust für die Besteuerung in Deutschland transparent. Dem Settlor sind dann die Einkünfte aus dem Trustvermögen zuzurechnen (BFH vom 05.11.1992 – I R 39/92, BStBl II 1993, 388).
Rz. 278
Für Familienstiftungen ist § 15 AStG zu berücksichtigen. § 15 Abs. 1 AStG kann eine umfassende Besteuerung in Deutschland bewirken, wenn das Stiftungsvermögen aus deutscher Sicht ausschließlich aus Auslandsvermögen besteht. Ausländische Familienstiftungen sind Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind (§ 15 Abs. 2 AStG).
8.4.2 Dotation ausländischer Stiftungen und Trusts
Rz. 279
Die Erstausstattung (Dotation) einer Stiftung ist regelmäßig freigiebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG) oder Erwerb v.T.w. (§ 3 Abs. 2 Nr. ErbStG). Für ausländische Rechtsträger gilt das Stkl.-Privileg nicht; es findet stattdessen die Stkl. III Anwendung, da § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG das Privileg nur inländischen Stiftungen und Vermögensmassen gewährt. Die Erbersatzsteuer findet hingegen keine Anwendung auf ausländische Stiftungen und Vermögensmassen (vgl. m. w. N. Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 80 BGB, Rn. 171). Die Vermögensausstattung einer ausländischen Familienstiftung kann Ertragsbesteuerung in Deutschland auslösen, wenn der Stifter die letzten zehn Jahre vor der Vermögensübertragung in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen ist und Deutschland das Besteuerungsrecht über Anteile i. S. d. § 17 EStG verliert, z. B. durch Übertragung auf eine ausländische Familienstiftung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG).
Auch die Übertragung von Vermögen auf einen Trust kann als Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erbschaft- bzw. schenkungsteuerpflichtig sein (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Satz 2 ErbStG; 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStG). Dabei wird der Trust für die Steuerfestsetzung als Erwerber fingiert, ohne Rechtspersönlichkeit zu besitzen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 ErbStG).
8.4.3 Besteuerung der Leistungen an die Begünstigten
Rz. 280
Ist der Stifter unbeschränkt steuerpflichtig, sind ihm für seine inländische Einkommensbesteuerung die Einkünfte, die der ausländischen Familienstiftung zugeflossen sind, unmittelbar zuzurechnen (§ 15 Abs. 1 AStG). Das Gleiche gilt anstelle des Stifters für die Destinatäre ("bezugsberechtigt") der Stiftung. Die Einkünftezurechnung erfolgt vorranging gegenüber dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter und nachrangig gegenüber den unbeschränkt steuerpflichtigen Bezugsberechtigten und Anfallberechtigten (§ 15 Abs. 1 AStG, "sonst"). Dem lebenden und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter sind daher sämtliche Einkünfte zuzurechnen (BFH vom 05.11.1992, I R 39/92, BStBl II 1993, 388). Haben mehrere unbeschränkt steuerpflichtige Stifter dieselbe Stiftung errichtet, sind ihnen die Einkünfte anteilig zuzurechnen. Soweit zurechnungspflichtige Stifter vorhanden sind, entfällt eine Zurechnung zu den Bezugs- und Anfallsberechtigten (BFH vom 05.11.1992, a. a. O.).
Rz. 281
Darüber hinaus hat der BFH klargestellt, dass die Zuwendungen ausländischer Stiftungen nicht im Sinne einer Doppelbesteuerung auch schenkungsteuerpflichtig sind (BFH vom 03.07.2019 – II R 6/16, BStBl II 2020, 61), wenn sie satzungsgemäß erfolgen. Die FinVerw in Bayern hat sich infolgedessen erfreulich präzi...