Rz. 12
Die Anwendung des § 15 AStG setzt die Zurechnung der entsprechenden Wirtschaftsgüter bei der ausländischen Stiftung voraus, andernfalls erzielte eine andere Person, nämlich der wirtschaftliche Eigentümer, die entsprechenden Einkünfte. Im Rahmen des Übertragungsvertrages erfolgt die zivilrechtliche Übertragung des Stiftungsvermögens an die ausländische Stiftung. Zwar erfolgt grundsätzlich die Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum zivilrechtlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 1 AO), jedoch ist steuerlich das wirtschaftliche Eigentum maßgeblich: Solange die Stiftung nicht das wirtschaftliche Eigentum an den Wirtschaftsgütern erlangt, stellt sich die Frage der Anwendung von § 15 AStG nicht: Wenn die Wirtschaftsgüter weiter dem Stifter zugerechnet werden, kann über § 15 AStG keine Zurechnung der Einkünfte bzw. des Vermögens mehr erfolgen.
Rz. 13
Das Erfordernis der sorgfältigen Prüfung hebt die Rechtsprechung unter Hinweis auf Wassermeyer bei sog. kontrollierten Stiftungen hervor: Steht dem Stifter eine umfassende Einflussnahmemöglichkeit, insbesondere ein Weisungsrecht zu, kann eine"steuerliche Zuordnung nicht ohne weiteres angenommen werden". Um diese Frage zu klären, sind sämtliche Stiftungsdokumente (in Liechtenstein: Stiftungsurkunde (sog. Statuten), Stiftungszusatzurkunde (sog. Beistatuten) und ergänzende Erklärungen des Stifters (sog. letter auf wishes) als auch mögliche weitere Vereinbarungen zwischen der Stiftung und der die Verwaltung der Stiftung übernehmenden Person (in Liechtenstein: sog. Treuhänder nach § 180a Personen- und Gesellschaftsrecht, sog. Mandatsvertrag) zu prüfen. Entscheidend für das wirtschaftliche Eigentum ist dabei die Befugnis zum Besitz und zur Verwaltung, das Recht auf die Erträge sowie das Recht auf die Substanzbeteiligung – also das Recht zur Belastung und Veräußerung auf eigene Rechnung. Die Rechtsprechung stellt auf das tatsächlich gewollte ab und dies kann im Einzelfall zur Annahme eines abweichenden wirtschaftlichen Eigentums führen, auch wenn nicht alle oben genannten Kriterien vollumfänglich erfüllt sind.
Rz. 14
Für die Beratungspraxis resultiert hieraus folgendes: In einem ersten Schritt ist der ausländische Rechtsträger auf die Vergleichbarkeit mit einer Stiftung deutschen Rechts (§§ 80ff. BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) zu prüfen, hierfür sind alle Dokumente im Bereich des ausländischen Rechtsträgers zu berücksichtigen. Der Einordnung als Stiftung stehen Mitwirkungsrechte des Stifters in der Stiftung nicht entgegen, da dies im deutschen Stiftungsrecht ebenfalls zulässig ist und empfohlen wird. Ein Blick in die Praxis der GmbH zeigt die Unschädlichkeit: Denn die Position des geschäftsführenden GmbH-Gesellschafter ist häufig sogar noch stärker ausgeprägt, ohne die Verankerung des zivil- und wirtschaftlichen Eigentums der entsprechenden Wirtschaftsgüter der GmbH in Frage zu stellen.
Rz. 15
Im nächsten Schritt ist die Übertragung zu prüfen, nämlich ob sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum an den Wirtschaftsgütern übergeht. Hierbei ist sowohl der Schenkungsvertrag also auch alle weiteren Vertragsbeziehungen zwischen der Stiftung und dem übertragenden Stifter zu prüfen. An dem Übergang mangelt es, wenn der Stifter aufgrund besonderer Abreden (Mandatsvertrag mit dem die Stiftung verwaltenden Treuhänder) mit dem Vermögen so umgehen kann, als sei es sein eigenes. Dies ist insbesondere in den Fällen anzunehmen, in denen der Treuhänder weisungsgebunden gegenüber dem Stifter ist, auf dessen Verlangen dieser die Funktion des Stiftungsvorstandes niederzulegen hat und dieser auch sonst keine rechtserheblichen Handlungen vornehmen kann.