Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 59
Den Regelungen des Musterabkommens liegt der Grundsatz der ausschließlichen Besteuerung im Wohnsitzstaat des Erblassers bzw. Schenkers zugrunde. Ausnahmsweise ist für unbewegliches Vermögen in Art. 5, bewegliches Betriebsstättenvermögen in Art. 6 Abs. 1 und für Vermögen, das einer festen Einrichtung zuzuordnen ist, in Art. 6 Abs. 6 ein Besteuerungsrecht auch für den Belegenheitsstaat des Vermögens statuiert.
Rz. 60
Das Abkommen sieht für die Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungs- oder Befreiungsmethode vor, wobei Deutschland in den abgeschlossenen Abkommen mit Ausnahme des zwischenzeitlich gekündigten DBA mit Österreich die Anrechnungsmethode gewählt hat.
Rz. 61
OECD-Musterabkommen für ein Abkommen zwischen (Staat A) und (Staat B) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Nachlaß-, Erbschaft- und Schenkungsteuern
Präambel
Anmerkung: Die Präambel des Abkommens richtet sich nach den verfassungsrechtlichen Vorschriften der beiden Vertragsstaaten.
Abschnitt I. Geltungsbereich des Abkommens
Art. 1 Unter das Abkommen fallende Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen.
Dieses Abkommen gilt für
- Nachlässe und Erbschaften, wenn der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes einen Wohnsitz in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten hatte, und
- Schenkungen, wenn der Schenker im Zeitpunkt der Schenkung einen Wohnsitz in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten hatte.
Art. 1 definiert den persönlichen Anwendungsbereich des Abkommens. Abzustellen ist auf den Wohnsitz des Erblassers oder Schenkers im Zeitpunkt des Todes bzw. den Zeitpunkt der Schenkung. Ein Wohnsitz in einem Drittstaat ist nicht von Bedeutung. Unerheblich ist für die Abkommensberechtigung auch, ob der Erwerber seinen Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten hat.
Eine Doppelbesteuerung kann sich daher trotz bestehendem Doppelbesteuerungsabkommen ergeben, wenn nicht nur die Vertragsstaaten von dem steuerrelevanten Vorgang betroffen sind, sondern auch weitere persönliche oder vermögensmäßigen Anknüpfungspunkte bestehen.
Beispiel:
Der Erblasser ist vor drei Jahren von Staat A nach Staat B verzogen. Er hat Grundvermögen im Staat C. Zwischen Staat B und C besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer. Staat A hat kein Doppelbesteuerungsabkommen mit Staat B und Staat C. Allerdings kennt Staat A eine erweitert unbeschränkte Steuerpflicht von fünf Jahren. Besteuern Staat A und Staat B aufgrund ihrer nationalen Vorschriften im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht, kann hier eine Doppelbesteuerung im Verhältnis dieser Staaten nur auf der Basis der nationalen Vorschriften vermieden werden.
Der für die Bestimmung des Wohnsitzes maßgebliche Zeitpunkt, d. h. der Tod des Erblassers bzw. der Zeitpunkt der Schenkung bestimmt sich nach dem nationalen Recht der jeweiligen Vertragsstaaten. Dies kann zu Diskrepanzen in der Auslegung des Abkommens führen, wenn die Vertragsstaaten diesen Zeitpunkt unterschiedlich definieren. Stellt zum Beispiel ein Staat auf den Abschluss des Schenkungsvertrages, der andere auf die Bewirkung der Schenkung ab, kann dies zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, wenn der Schenker in diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz verlegt hat.
Rz. 62
Art. 2 Unter das Abkommen fallende Steuern.
(1) |
Dieses Abkommen gilt, ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung, für Nachlaß- und Erbschaftsteuern sowie Schenkungsteuern, die für Rechnung eines Vertragsstaats oder seiner Gebietskörperschaften erhoben werden. |
(2) |
Als Nachlaß- und Erbschaftsteuern gelten die Steuern, die von Todes wegen als Nachlasssteuern, Erbanfallsteuern, Abgaben vom Vermögensübergang oder Steuern von Schenkungen auf den Todesfall erhoben werden. Als Schenkungsteuern gelten die Steuern, die auf Übertragungen unter Lebenden nur deshalb erhoben werden, weil die Übertragungen ganz oder teilweise unentgeltlich vorgenommen werden. |
(3) |
Die bestehenden Steuern, für die das Abkommen gilt, sind:
- in (Staat A): …
- in (Staat B): …
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(4) |
Das Abkommen gilt auch für alle Steuern gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art, die nach der Unterzeichnung des Abkommens neben den bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten teilen einander am Ende eines jeden Jahres die in ihren Steuergesetzen eingetretenen Änderungen mit. |
Art. 2 regelt den sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens durch eine Aufzählung der unter das Abkommen fallenden Steuerarten. Der Begriff der Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuer wird durch das Abkommen in Abs. 2 definiert. Die Nachlass- und Erbschaftsteuer zeichnet sich dadurch aus, dass die Steuerpflicht an den Erwerb von Todes wegen anknüpft. Unerheblich ist, wie die Steuer im Einzelnen ausgestaltet, insbesondere wer Steuerschuldner oder Steuergläubiger ist. Die Schenkungsteuer knüpft an die Unentgeltlichkeit des Vermögensüberganges an. Hierbei kann es zu Überschneidungen mit der Erbschaftsteuer kommen, wenn ein Staat den Vorgang der Nachlass-/Erbschaftsteuer, der andere hingegen der S...