Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausführungszeitpunkt einer mittelbaren Grundstücksschenkung
Leitsatz (NV)
Stellt der Schenker dem Beschenkten im Rahmen einer mittelbaren Grundstücksschenkung vorzeitig Geld zum Erwerb eines Grundstücks zur Verfügung, führt dies nicht zur Vorverlegung des Ausführungszeitpunkts der Schenkung. Diese ist vielmehr erst ausgeführt, wenn das Geld vom Beschenkten für die mittelbare Grundstücksschenkung verwandt, d.h. zur Abdeckung des Anschaffungs- oder Herstellungsaufwandes eingesetzt wurde. Der Tod des Schenkers vor Ausführung der mittelbaren Grundstücksschenkung hat keinen Einfluss auf den Ausführungszeitpunkt.
Normenkette
ErbStG § 7
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhielt 1995 von ihrer Tante einen Geldbetrag zum Erwerb einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung geschenkt. Diese wurde 1996 fertiggestellt. Die Schenkerin verstarb am 14. März 1996.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) nahm an, der Klägerin sei von ihrer Tante (mittelbar) die Eigentumswohnung geschenkt worden und setzte nach dem ―ab dem 1. Januar 1996 anzuwendenden― Grundbesitzwert für die Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 des Erbschaftsteuergesetzes i.V.m. §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes) Erbschaftsteuer fest.
Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, die mittelbare Grundstücksschenkung sei bereits 1995 mit der Hingabe des Geldbetrages ausgeführt gewesen, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, dass die Zuwendung erst mit der Fertigstellung der Wohnung ausgeführt worden sei, weil die Klägerin erst ab diesem Zeitpunkt über den Gegenstand der Zuwendung habe tatsächlich und rechtlich frei verfügen können.
Das FG hat die Beschwerde nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Diese macht geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, unter welchen Voraussetzungen eine mittelbare Grundstücksschenkung als ausgeführt anzusehen sei.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig.
Ob ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeben ist, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 7. Dezember 1999 IV B 56/99, BFH/NV 2000, 552, sowie des Bundesgerichtshofs vom 20. November 2002 IV ZR 197/02, Monatsschrift für Deutsches Recht 2003, 284). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist mittlerweile durch das Urteil des BFH vom 4. Dezember 2002 II R 75/00 (BFHE 200, 406, BStBl II 2003, 273) in der vom FG vertretenen Weise entschieden worden und damit höchstrichterlich geklärt. Nach diesem Urteil ist eine Zuwendung, wenn mit dem zur Verfügung gestellten Geld die Errichtung eines Gebäudes auf einem dem Beschenkten schon gehörenden oder einem gleichzeitig zu diesem Zweck aufgrund eines einheitlichen Vertrages geschenkten Grundstück finanziert werden soll, mit der Fertigstellung des Gebäudes ausgeführt. In diesem Zeitpunkt erlange der Beschenkte gegenüber dem Schenker die freie Verfügung über das Gebäude bzw. über das mit dem Gebäude bebaute Grundstück und trete insoweit die endgültige Vermögensmehrung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers ein. Ein teilweises oder völliges vorzeitiges Zurverfügungstellen des Geldes führt nach dieser Entscheidung nicht zu einer Vorverlegung des Ausführungszeitpunkts der Schenkung. Zwar geht das Geld mit seiner Auszahlung zivilrechtlich in das Vermögen des Beschenkten über; schenkungsteuerrechtlich ist es aber erst dann und insoweit für die mittelbare Grundstücksschenkung verwandt, wenn bzw. als es zur Abdeckung des Anschaffungs- oder Herstellungsaufwandes eingesetzt wird.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand des Versterbens der Schenkerin vor dem Zeitpunkt der Ausführung der mittelbaren Grundstücksschenkung. Denn die Schenkerin hatte vor ihrem Tode der Klägerin den zur Finanzierung der Eigentumswohnung erforderlichen Geldbetrag übergeben und damit ihrerseits alles getan, um der Klägerin den Gegenstand der Zuwendung zu verschaffen. Die weiteren Ausführungshandlungen, insbesondere die Erfüllung des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung, durch die die Klägerin erst dasjenige erhalten hat, was nach der Schenkungsabrede zwischen ihr und der Schenkerin Gegenstand der Zuwendung sein sollte, nämlich die Eigentumswohnung, oblagen danach allein der Klägerin.
Die Frage, welchen Einfluss die im Todeszeitpunkt noch nicht ausgeführte mittelbare Grundstücksschenkung auf die steuerrechtliche Beurteilung des Erwerbs von Todes wegen haben könnte, ist nicht entscheidungserheblich.
Fundstellen
Haufe-Index 975302 |
BFH/NV 2003, 1425 |