Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerbescheid für Vermächtnisnehmer – Verpflichtung zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung ohne Aufforderung
Leitsatz (redaktionell)
- Der Erbschaftsteuerbescheid für einen Vermächtnisnehmer ist dem Testamentsvollstrecker nur dann bekannt zu geben, wenn der Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuererklärung entweder tatsächlich abgegeben hat oder zumindest zu deren Abgabe verpflichtet war.
- Auch ein Testamentsvollstrecker ist nur nach Aufforderung des Finanzamts zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung verpflichtet.
Normenkette
AO § 122 Abs. 1 S. 1, § 149 Abs. 1 S. 2; ErbStG § 31 Abs. 5, § 32 Abs. 1 S. 1; BGB § 2191 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Großeltern der Klägerin, die Eheleute AA und AB, setzten sich mit notariell beurkundetem Erbvertrag vom…November 1975 gegenseitig zu Erben ein. Der Überlebende von ihnen sollte von der Mutter der Klägerin, B, als Vorerbin beerbt werden. Nacherbin sollte die Klägerin sein. Ferner vermachten die Eheleute AA und AB ihren „Haustöchtern” C und D das Hausgrundstück Gemarkung X, Flur..., Flurstück... (...-straße .. in Y) zu jeweils ½ Miteigentumsanteil. Zur Ersatzvermächtnisnehmerin wurde die Klägerin bestellt. Des Weiteren verfügten die Großeltern der Klägerin, dass diese nach dem Versterben der Vermächtnisnehmerinnen hinsichtlich der Miteigentumsanteile an dem Grundstück Nachvermächtnisnehmerin sein sollte. Die Großeltern ordneten Testamentsvollstreckung an und verfügten unter 8. Buchst. d des Erbvertrags:
„Das Amt des Testamentsvollstreckers umfasst auch die Aufgabe, bis zum Eintritt der angeordneten Nacherbfolge die Rechte des oder der Nacherben auszuüben und deren Pflichten wahrzunehmen, für die Ausführung der Vermächtnisse zu sorgen und die vermachten Gegenstände auch nach der Vermächtniserfüllung für die im folgenden bestimmte Dauer der Testamentsvollstreckung weiter zu verwalten...”
Die Testamentsvollstreckung sollte für die Dauer von dreißig Jahren seit dem Eintritt des Erbfalls gelten. Nach 8. Buchst. g des Erbvertrags sollte die Verwaltung jedoch für einzelne Vermögensgegenstände vorzeitig enden, wenn sie für die Erledigung der sonstigen Aufgaben des Testamentsvollstreckers nicht mehr erforderlich sein sollten und wenn nach dessen Ermessen das Wohl des oder der Erben die Fortdauer der Testamentsvollstreckung nicht mehr erfordert und er dies dem Nachlassgericht gegenüber erklärt.
Nachdem AA und D verstorben waren, verstarb AB am…Mai 1990. Die Mutter der Klägerin schlug die Erbschaft nach AB aus. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom .... Oktober 1991 ließ der Testamentsvollstrecker in Erfüllung der erbvertraglichen Verfügung vom…November 1975 der Klägerin und C jeweils einen Miteigentumsanteil von ½ an dem Grundstück ...-straße... auf.
C verstarb am…Oktober 2008. Sie wurde von ihrer Schwester E allein beerbt. Diese gab auf Aufforderung des beklagten Finanzamts am 2. März 2009 eine Erbschaftsteuererklärung ab. Ferner machte sie mit Schreiben vom 9. April 2009 das zugunsten der Klägerin angeordnete Nachvermächtnis hinsichtlich des auf C übertragenen Miteigentumsanteils an dem Grundstück ....-straße .. als Nachlassverbindlichkeit geltend.
Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 30. April 2009 gegen die Klägerin wegen des vorgenannten Nachvermächtnisses 21.804 EUR Erbschaftsteuer fest. Dabei legte es der Besteuerung das Verhältnis der Klägerin zu C zugrunde. Der Steuerbescheid war an die Klägerin gerichtet.
Die Klägerin beantragte am 29. Juni 2009, den Erbschaftsteuerbescheid dem zwischenzeitlich bestellten Testamentsvollstrecker gegenüber erneut bekannt zu geben. Das lehnte das beklagte Finanzamt mit Schreiben vom 7. Juli 2009 ab. Die Klägerin beantragte alsdann am 12. August 2009, den Erbschaftsteuerbescheid vom 30. April 2009 aufzuheben und der Besteuerung ihr Verhältnis zu AB zugrunde zu legen. Sie machte geltend, der Steuerbescheid sei nichtig, weil er nicht dem bestellten Testamentsvollstrecker bekannt gegeben worden sei.
Das beklagte Finanzamt lehnte mit Bescheid vom 24. August 2009 eine Aufhebung des Steuerbescheids vom 30. April 2009 unter Hinweis darauf ab, dass ein Erbschaftsteuerbescheid nur dann einem bestellten Testamentsvollstrecker gegenüber bekanntzugeben sei, wenn dieser die Steuererklärung für die Erben abgegeben habe. Die Klägerin sei jedoch nur Vermächtnisnehmerin.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Der Erbschaftsteuerbescheid vom 30. April 2009 habe dem Testamentsvollstrecker gegenüber bekannt gegeben werden müssen. Dabei komme es nicht darauf an, ob er die Erbschaftsteuererklärung abgegeben habe. Entscheidend sei vielmehr, dass er die Steuererklärung habe abgeben müssen, weil die Testamentsvollstreckung sich auch auf die dem Nachvermächtnis unterliegenden Gegenstände bezogen habe.
Der Testamentsvollstrecker übertrug der Klägerin mit notariell beurkundetem Vertrag vom…November 2009 zur Erfüllung des erbvertragli...