rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Grundstücksschenkung, bei der der Schenker die Kosten sowohl des Erwerbs des bebauten Grundstücks als auch des anschließenden Um- oder Neubaus trägt, ist erst mit Abschluss der Baumaßnahmen vollständig vollzogen
Leitsatz (redaktionell)
1. Für eine Schenkung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist nicht erforderlich, dass sich der Zuwendungsgegenstand im Vermögen des Schenkers befunden hat. Erfasst ist auch eine sog. mittelbare Zuwendung, bei der der Schenker dem Beschenkten einen bestimmten Geldbetrag überlässt, mit dem der Beschenkte einen bestimmten Gegenstand – z. B. ein Grundstück – erwerben muss.
2. Eine mittelbare Grundstücksschenkung, die nicht nur den Erwerb des Grundstücks mit dem bereits vorhandenen Gebäude, sondern auch die Kosten für einen anschließenden Um- oder Neubau als nachträgliche Herstellungsmaßnahmen umfasst, ist nicht bereits mit der erklärten Auflassung und dem Antrag auf Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch, sondern erst mit Abschluss der Baumaßnahmen vollständig vollzogen.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2
Tenor
1. Der Schenkungsteuerbescheid vom 14. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2015 und in Gestalt des geänderten Schenkungsteuerbescheids vom 28. November 2017 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23. Dezember 2011 erwarben die Klägerin und ihr Ehemann (die Eheleute XX) von YY als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der verstorbenen ZZ den im Grundbuch des Amtsgerichts A. eingetragenen Grundbesitz L.-Straße … (FlNr. …) zum Miteigentum zu je 1/2 für einen Kaufpreis i.H.v. 5.700.000,00 EUR.
Das Grundstück L.-Straße … war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit einem Einfamilienhaus (Baujahr 1974) bebaut und sollte nach einem Umbau mit Erweiterung bzw. einem kompletten Neubau von der Familie der Klägerin (Eheleute XX, vier Kinder und die Eltern der Klägerin, mithin insgesamt acht Personen) zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Aus bautechnischen Gründen sowie einer zuvor unerkannten Asbestbelastung des Gebäudes ließ sich der geplante Umbau des bestehenden Gebäudes mit Erweiterung jedoch nicht realisieren, weshalb die Eheleute XX einen kompletten Neubau in Auftrag gaben. Der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung wurde am … 2012 gestellt, die Baugenehmigung am … 2013 erteilt, unmittelbar danach mit dem Abriss des bestehenden Gebäudes und am … 2013 mit den Erdarbeiten begonnen. In der Folgezeit verzögerten sich die Bauarbeiten, da … die Finanzierung des Neubaus umgestellt werden musste, die Baugrube … voll Wasser lief …. Die Eigennutzung des Neubaus durch die Klägerin und ihre Familie ist unmittelbar nach Baufertigstellung im Dezember 2015 erfolgt. Die Finanzierung des Grundstückskaufs, des geplanten Umbaus sowie des Neubaus erfolgte bzw. erfolgt ausschließlich durch den Ehemann der Klägerin, der allein zusätzliche Kredite aufgenommen und wiederholt Zahlungen geleistet hat.
In ihrer Schenkungsteuererklärung vom 29. Mai 2013 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) die Schenkung eines 1/2 Miteigentumsanteils an dem Grundstück L.-Straße von ihrem Ehemann im Rahmen des notariellen Kaufvertrags vom 23. Dezember 2011 i.H.v. 2.850.000,00 EUR, da der Ehemann den Kaufpreis sowie die Erwerbsnebenkosten alleine getragen habe. Die Klägerin beantragte zudem die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für die unentgeltliche Verschaffung des Miteigentumsanteils an einem Grundstück als Familienheim.
Am 14. Januar 2014 erließ das FA gegenüber der Klägerin einen nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheid, in dem die Schenkungsteuer für den Erwerb zum 23. Dezember 2011 i.H.v. 503.500,00 EUR festgesetzt wurde. Das FA legte dieser Steuerfestsetzung einen Wert des Erwerbs i.H.v. 2.850.000 EUR sowie Vorerwerbe i.H.v. 300.000 EUR zugrunde und lehnte die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ab, da mangels einer Selbstnutzung der Immobilie als Familienheim zum Zeitpunkt der Steuerentstehung die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten.
Am 10. April 2015 erließ das FA N einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts der wirtschaftlichen Einheit L-Straße auf den 23. Dezember 2011, in der ein Grundbesitzwert i.H.v. 5.700.000 EUR bzw. ein Anteil von 1/2 i.H.v. 2.850.000 EU...