Rz. 1
§ 20 ErbStG ist im Wesentlichen mit der Vorgängernorm identisch (s. § 20 ErbStG a. F.). Allerdings findet das Lebenspartnerschaftsrecht erstmals im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz seinen Niederschlag (s. Eisele, NWB 2007, 4701). Dies hat konsequenterweise auch zur Folge, dass die eingetragenen Lebenspartner in die Regelungen über die Steuerschuldnerschaft aufgenommen werden, was in § 20 Abs. 2 ErbStG erfolgt ist.
1.1 Definitionen Schuldner, Haftung, Gesamtschuldner
Rz. 2
Allgemein ist ein Schuldner jemand, der einem anderen eine Leistung schuldet, insbesondere Geld (Wahrig, Dt. Wörterbuch, 1994 "Schuldner"). Im Zivilrecht ist u. a. in § 241 Abs. 1 BGB statuiert, dass der Gläubiger kraft des Schuldverhältnisses berechtigt ist, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Allerdings werden hier lediglich Verhaltenspflichten benannt (s. Grüneberg in Grüneberg, § 241 Rn. 1). Die konkrete Ausgestaltung erfolgt in den Rechtsnormen zu den einzelnen Schuldverhältnissen.
Für das Steuerrecht finden sich die allgemeinen Regelungen in der AO. Steuerschuldner ist, wer eine durch die Verwirklichung eines Steuertatbestandes entstandene Steuer schuldet (s. Gebel in T/G/J/G, § 20 Rn. 1). Gemäß § 43 AO bestimmen die Steuergesetze, wer Steuerschuldner ist, ebenso ob ein Dritter die Steuer für die Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat. Damit ist nach § 33 AO Steuerpflichtiger nicht nur der Steuerschuldner, sondern auch derjenige, der für eine Steuer haftet.
Rz. 3
Haftung i. S. d. §§ 33 Abs. 1, 69 ff. AO bedeutet das Einstehenmüssen für fremde Steuerschuld. Schuld und Haftung stehen miteinander in Verbindung, wobei die Haftung dem Gläubiger einen Vollstreckungszugriff über die Steuerschuldnerschaft hinaus gibt. Diese zusätzliche Inanspruchnahme ist jeweils gesetzlich geregelt und stellt eine Ausdehnung des Steuerschuldverhältnisses über den Steuerschuldner hinaus auf weitere Haftungsschuldner dar. Ziel ist stets die Realisierung der Steuerschuld.
Rz. 4
Gesamtschuldner sind nach § 44 AO Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerverhältnis schulden oder für sie haften, oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind. Soweit jeweils nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung und bleibt nach § 421 Satz 2 BGB bis zur vollständigen Tilgung der Schuld verpflichtet. Das Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander regelt sich nach bürgerlichem Recht. Im Zweifel gilt § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Gesamtschuldner zueinander im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet sind, mithin entstehen für den zahlenden Gesamtschuldner den anderen gegenüber die entsprechenden Ausgleichsansprüche.
Grundsätzlich wird zwischen sog. echter und unechter Gesamtschuld unterschieden. Bei einer echten Gesamtschuld liegt eine Gleichstufigkeit der Verpflichtungen dergestalt vor, dass der Gläubiger zwischen den Schuldnern nach seinem Belieben auswählen kann (s. Heinemeyer in MüKo, 8. Auflage 2019, § 421 BGB Rn. 12). Wenn die Gleichstufigkeit verneint wird, liegt eine sog. unechte Gesamtschuld vor, d. h. es gibt aus bestimmten Gründen eine Stufung der Schuldner mit der Folge, dass einer beim anderen den vollen Regress nehmen kann (s. Heinemeyer in MüKo, § 421 BGB Rn. 60).
1.2 Zweck der Norm
Rz. 5
§ 20 ErbStG regelt, wer bei unterschiedlichen Erwerbstatbeständen die Steuer schuldet bzw. für die Erbschaft- und Schenkungsteuer haftet, d. h. in welcher Person eine Steuer- oder Haftungsschuld entstanden ist. Dies ist systematisch eher eine Frage der Steuerpflicht, die in Teil I des Gesetzes enthalten ist (s. Richter/Fischer in V/S/W, § 20 Rn. 1; Gebel in T/G/J/G, § 20 Rn. 2; Hannes/Holtz in M/H/H, § 20 Rn. 1). Die Festlegung der Steuerschuldnerschaft wird durch die genaue Regelung über die Steuerhaftung ergänzt (s. Geck in K/E, § 20 Rn. 1; so auch Kien-Hümbert in M/W, § 20 Rn. 1, wo allerdings betont wird, dass das Hauptproblem bei der Erbschaftsteuer das vollständige Erfassen der Erwerbe und nicht die Erhebung der Steuer sei).
Rz. 6
Die Haftungsvorschriften in § 20 ErbStG ergänzen zudem die allgemeinen Haftungstatbestände der §§ 69ff. AO (s. Gebel in T/G/J/G, § 20 Rn. 9). Durch sie soll die vollständige Erlangung der Erbschaftsteuer erreicht werden (s. Esskandari/Winter in Lippross/Seibel, § 20 Rn. 1).
Dies kann im Hinblick auf ausländische Vermögensmassen – losgelöst von ihrer Rechtsfähigkeit – fraglich sein, wenn die Vermögensmasse ausschließlich aus im Ausland belegenem Vermögen besteht und nach ausländischem Recht verwaltet wird sowie der Vermögensträger Ausländer ist (s. Gebel in T/G/J/G, § 20 Rn. 6 und 43 f.; s. Geck in K/E, § 20 Rn. 1 und 13), denn hier versucht der deutsche Gesetzgeber eine Steuerpflicht zu begründen, ohne dass ihm hierfür eine entsprechende Rechtsetzungskompetenz zustehen kann. Völkerrechtliche Regelungen sehen keine Kompetenz für die Begründung einer deutschen Steuerpflicht einer ausländischen Vermögensmasse, die ausländischem Recht unterstellt ist und nach diesem handelt, vor.