Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 1
Das Ertragswertverfahren kommt insb. bei bebauten Grundstücken in Betracht, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag für die Wertschätzung am Grundstücksmarkt im Vordergrund steht (typische Renditeobjekte). Es ist daher regelmäßig für Mietwohngrundstücke sowie für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, anzuwenden (§ 182 Abs. 3 BewG). I.R.d. Ertragswertverfahrens wird der Wert auf der Grundlage des für diese Grundstücke nachhaltig erzielbaren Ertrags ermittelt.
Die durch §§ 184 bis 188 BewG geregelten Einzelheiten haben das Ziel, durch Vereinfachungsregelungen anwenderfreundlicher ausgestaltet zu sein, sodass in der Vielzahl von Fällen keine Ortsbesichtigung oder ein Sachverständigengutachten nötig sein wird.
Rz. 2
Das Ertragswertverfahren nach dem BewG entspricht im Wesentlichen dem Ertragswertverfahren nach den außersteuerlichen Bewertungsverfahren. Dabei ist vom Bodenwert (Baustein 1) und dem Gebäudeertragswert (Baustein 2) auszugehen (§ 184 Abs. 1 BewG).
Rz. 3
Der Bodenwert ist der Wert, der sich nach der Formel für unbebaute Grundstücke nach § 179 BewG ergibt (§ 184 Abs. 2 BewG).
Rz. 4
Der Gebäudeertragswert ermittelt sich nach § 185 BewG in drei Stufen:
- Es ist vom Reinertrag des Grundstücks als Grundlage der Wertermittlung auszugehen; hierzu sind vom Rohertrag des Grundstücks (§ 186 BewG) die Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) abzuziehen.
- Der Reinertrag des Grundstücks ist um den Betrag zu vermindern, der sich durch eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt; Ergebnis ist der Gebäudereinertrag (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BewG). Hierzu ist der Liegenschaftszinssatz (§ 188 BewG) auf den nach § 179 BewG ermittelten Bodenwert anzuwenden.
- Der Gebäudereinertrag kapitalisiert mit dem der Anlage 21 zum BewG zu entnehmenden Vervielfältiger ergibt den Gebäudeertragswert (§ 185 Abs. 3 BewG).
Rz. 5
Bodenwert und Gebäudeertragswert zusammen ergeben den Ertragswert (§ 184 Abs. 3 Satz 1 BewG). Es ist jedoch mindestens der Bodenwert anzusetzen (Mindestwert, § 184 Abs. 3 Satz 2 BewG). Sonstige bauliche Anlagen, insb. Außenanlagen, sind bereits durch den Ertragswert abgegolten und werden nicht zusätzlich erfasst (§ 184 Abs. 3 Satz 3 BewG; Folge der Gesamtbewertung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG). Auch andere wertbeeinflussende Umstände, insb. Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, sind i. R. dieser fest vorgegebenen, typisierenden Wertermittlung (aus Vereinfachungsgründen; angelehnt an § 183 Abs. 3 BewG) nicht gesondert zu berücksichtigen.
Rz. 6
Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (Verkehrswert) ist möglich (Öffnungsklausel, § 198 BewG).
Rz. 7
Das nachfolgende Schaubild zeigt einen Überblick über das Ertragswertverfahren (s. a. H B 184 ErbStH).
Rz. 8–10
vorläufig frei