Unanwendbarkeit der steuerlichen Liegenschaftszinssätze in Berlin

Das FG Berlin-Brandenburg befasste sich mit den Liegenschaftszinssätzen, die bei der Bewertung von Grundstücken im typisierten Ertragswertverfahren für die Zwecke der Erbschaft- und Schenkung- sowie Grunderwerbsteuer anzuwenden sind.

Vom Gutachterausschuss werden jährlich allgemeine Liegenschaftszinssätze  für Mietwohnhäuser und Mietwohngeschäftshäuser in Berlin mit einem gewerblichen Mietanteil bis 70% und mindestens vier Mieteinheiten veröffentlicht. Diese Zinssätze dienen primär außersteuerlichen Zwecken, wie etwa der Bemessung von Enteignungsentschädigungen.

Bewertung von Grundstücksarten

Für Erbschaft- und Schenkungssteuerzwecke ist bei der Bewertung bestimmter Grundstücksarten grundsätzlich ein typisiertes Ertragswertverfahren vorgesehen. In diesem Fall ist eine Bodenwertverzinsung und ein Vervielfältiger zu berechnen, die jeweils anhand des Liegenschaftszinssatzes bemessen werden (§ 185 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, Anlage 21 BewG). Je höher der Liegenschaftszinssatz, desto niedriger ist der resultierende Steuerwert.

Zur Bestimmung des Liegenschaftszinssatzes verweist § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG in der auf die hier maßgeblichen Bewertungsstichtage im Jahr 2019 anwendbaren alten Fassung (§ 265 Abs. 12, Abs. 14 BewG) auf das BauGB und die ImmoWertV. Der maßgebliche Vervielfältiger hängt jedoch auch von der Restnutzungsdauer des Gebäudes ab, welche für Zwecke der steuerlichen Bewertung nach § 185 Abs. 3 Satz 3, Anlage 22 BewG grundsätzlich auf Grundlage einer typisierten Gesamtnutzungsdauer und einer linearen jährlichen Verminderung bis auf einen Mindestwert von 30% bemessen wird. Der Gutachterausschuss hat deshalb ab dem Jahr 2018 auf Betreiben der Berliner Finanzverwaltung zusätzlich steuerliche Liegenschaftszinssätze veröffentlicht, die auf dem Restnutzungsdauermodell nach § 185 Abs. 3 Satz 3, Anlage 22 BewG beruhen.

Allgemeine Liegenschaftszinssätze

Das FG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass diese steuerlichen Liegenschaftszinssätze als nicht mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar anzusehen sind. Stattdessen kommen die allgemeinen Liegenschaftszinssätze zur Anwendung.

FG Berlin-Brandenburg, Urteile v. 24.4.2024, 3 K 3188/21, 3 K 3055/22 und 3 K 3022/22, veröffentlicht mit Pressmeldung 12/2024


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