Erblasser W vereinbart direkt mit seiner Bank, die ein Sparbuch bis zu seinem Tode verwahrt, einen Vertrag zu Gunsten Dritter, wonach die Bank nach seinem Tode verpflichtet ist, das Sparbuch (Betrag: 200 TEUR) auf seine Freundin (F) als neue Gläubigerin umzuschreiben.
Lösung:
Zivilrechtliche Ebene:
Wenn die Bank unmittelbar (als sog. "Versprechende") verpflichtet ist, den Betrag auf Wunsch an F auszukehren, liegt ein formfreier Vertrag zu Gunsten Dritter gem. § 331 BGB vor. Die zivilrechtliche Abstimmungsproblematik ist offensichtlich: Während bei einem Schenkungsversprechen auf den Todesfall (s. § 2301 BGB) die Formvorschriften über das Schicksal der Zuwendung entscheiden, soll ein formfreier Vertrag zu Gunsten Dritter nach § 331 BGB den Zuwendenden (den Erblasser) in die Lage versetzen, wesentliche Vermögensbestandteile am Nachlass vorbei zu übertragen (s. R E 3.7 ErbStR 2011). Der Vorrang des (formfreien) § 331 BGB vor dem Formgebot des § 2301 BGB ist zwischenzeitlich auch durch die BGH-Rechtsprechung mehrfach bestätigt worden.
Erbschaftsteuerliche (Folge-)Lösung:
Im Ergebnis liegt seitens F kein Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 (bzw. Nr. 2) ErbStG, sondern ein Erwerb durch einen Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG i. H. v. 200 TEUR (abzüglich Pauschale und persönliche Freibeträge) vor.
Die Mindestvoraussetzung für die Steuerbarkeit ist allerdings, dass das Valutaverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Dritten alle Merkmale eines unentgeltlichen Übertragungsvorgangs, folglich einer freigebigen Zuwendung enthält (hierzu s. § 7 Rn. 489 ff.).