Rz. 403

Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel:

 
Praxis-Beispiel

Erblasser W vereinbart direkt mit seiner Bank, die ein Sparbuch bis zu seinem Tode verwahrt, einen Vertrag zu Gunsten Dritter, wonach die Bank nach seinem Tode verpflichtet ist, das Sparbuch (Betrag: 200 TEUR) auf seine Freundin (F) als neue Gläubigerin umzuschreiben.

Lösung:

Zivilrechtliche Ebene:

Wenn die Bank unmittelbar (als sog. "Versprechende") verpflichtet ist, den Betrag auf Wunsch an F auszukehren, liegt ein formfreier Vertrag zu Gunsten Dritter gem. § 331 BGB vor. Die zivilrechtliche Abstimmungsproblematik ist offensichtlich: Während bei einem Schenkungsversprechen auf den Todesfall (s. § 2301 BGB) die Formvorschriften über das Schicksal der Zuwendung entscheiden, soll ein formfreier Vertrag zu Gunsten Dritter nach § 331 BGB den Zuwendenden (den Erblasser) in die Lage versetzen, wesentliche Vermögensbestandteile am Nachlass vorbei zu übertragen (s. R E 3.7 ErbStR 2011). Der Vorrang des (formfreien) § 331 BGB vor dem Formgebot des § 2301 BGB ist zwischenzeitlich auch durch die BGH-Rechtsprechung mehrfach bestätigt worden.

Erbschaftsteuerliche (Folge-)Lösung:

Im Ergebnis liegt seitens F kein Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 (bzw. Nr. 2) ErbStG, sondern ein Erwerb durch einen Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG i. H. v. 200 TEUR (abzüglich Pauschale und persönliche Freibeträge) vor.

Die Mindestvoraussetzung für die Steuerbarkeit ist allerdings, dass das Valutaverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Dritten alle Merkmale eines unentgeltlichen Übertragungsvorgangs, folglich einer freigebigen Zuwendung enthält (hierzu s. § 7 Rn. 489 ff.).

 

Rz. 404

Hinweis: Für den wichtigsten Fall eines Vertrages zu Gunsten Dritter auf den Todesfall, d. h. für die Lebensversicherung, ist die Formdiskussion wegen der vorrangigen Formvorschrift nach VVG (s. §§ 159ff. VVG) ohnehin obsolet. Für diesen wirtschaftlich bedeutsamen Fall eines Vertrages zu Gunsten Dritter auf den Todesfall ist offenkundig, dass mit der Prämienzahlung der Nachlass geschwächt wurde. Für eventuelle Nachlassgläubiger (z. B. Pflichtteilsberechtigte) sei angefügt, dass der Ersatzanspruch dieser Personengruppe wegen beeinträchtigender Schenkungen nach § 2325 Abs. 3 BGB gegen die Erben (!) nur auf die während der letzten zehn Jahre eingezahlten Prämien gerichtet ist. Er umfasst also weder den Rückkaufswert noch die eigentliche Versicherungssumme (zu verschiedenartigen Fallkonstellationen und zur Konkurrenz mit § 7 ErbStG s. § 7 Rn. 497 ff.).

 

Rz. 405–409

vorläufig frei

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?