Rz. 1

Für Zwecke der steuerlichen Bewertung wird das Vermögen, das einer freiberuflichen Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder der Tätigkeit eines nicht gewerblichen Lotterieeinnehmers gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG dient, dem gewerblichen BV i. S. d. § 95 BewG gleichgestellt. Die für die Ertragsteuern relevante Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit ist damit für die steuerliche Bewertung nicht relevant. Die dazu ergangene umfangreiche Rechtsprechung hat bewertungsrechtlich infolge der Gleichstellung also keine Auswirkungen. Dabei ist zu beachten, dass diese Gleichstellung nicht für Vermögen gilt, das den Tätigkeiten gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit) und gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Gewinnvorzug bei Wagniskapital-Gesellschaften) dient. Nur das den Tätigkeiten gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG dienende Vermögen ist nach den gleichen Grundsätzen und Maßstäben wie das einem Gewerbebetrieb dienende Vermögen zu bewerten.

Der sachliche Anwendungsbereich des § 96 BewG erstreckt sich also auf das BV, das

  • der wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit,
  • der selbstständigen Tätigkeit in einem der Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG,
  • der selbstständigen Tätigkeit in einem den Katalogberufen ähnlichen Berufen oder
  • der selbstständigen nicht gewerblichen Tätigkeit als staatlicher Lotterieeinnehmer

dient.

BV, das einer sonstigen selbstständigen Tätigkeit des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG (wie z. B. Testamentsvollstreckung, Vermögensverwaltung, Insolvenzverwaltung, Aufsichtsratstätigkeit) dient, wird für Zwecke der Bewertung nicht dem BV einer gleichartigen gewerblichen Tätigkeit gleichgestellt. Gleiches gilt hinsichtlich § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Für die Bewertung des diesen ausgeschlossenen Tätigkeiten dienenden Vermögens gelten insb. nicht die §§ 199 ff. BewG. Gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG erfolgt die Bewertung nach den Vorschriften des Ersten Teils des BewG, also den §§ 1 bis 16 BewG.

Gegen die Zulässigkeit dieser Differenzierung in § 96 BewG hinsichtlich der gleichgestellten selbstständigen Tätigkeiten i. S. d. § 18 EStG bestehen in der Fachliteratur verfassungsrechtliche Bedenken (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG), da keine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung erkennbar ist (s. Dötsch in Stenger/Loose, § 96 Rz. 23).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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