Rz. 448

Im Unterschied zum Vermächtnis hat der Auflagenbegünstigte keinen Anspruch auf die Leistung gegenüber dem Erben (s. § 1940 BGB) und demzufolge relativiert sich die Bedeutung der Auflage. Sie erstarkt nur dann zu einem echten Gestaltungsmittel des Erblassers, wenn dieser zur Überprüfung seines Auflagenwunsches gleichzeitig Testamentsvollstreckung angeordnet hat.

 

Rz. 449

Ungeachtet dieser erbrechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung einer Auflage liegt bei Vollzug der Auflage (s. § 9 Abs. 1 Nr. 1d ErbStG) ein Erwerbstatbestand von Todes wegen vor, nicht jedoch im Falle eines vorzeitigen Vollzuges der Auflage noch zu Lebzeiten des Erblassers. In diesem Falle läge eine Schenkung unter Lebenden vor (s. Gottschalk in T/G/J/G, § 3 Rn. 326). § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG regelt nur die Besteuerung des Auflagenbegünstigten. Umgekehrt kann der mit der Auflage Beschwerte (Erbe oder Vermächtnisnehmer, s. § 1940 BGB) die Auflage als Nachlassverbindlichkeit (s. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG; zum Zeitpunkt s. § 10 Rn. 211) abziehen.

 

Rz. 450

Die weiteren Steuerfolgen (Entstehenszeitpunkt, Bewertung und persönliche Steuerklasse) sind in die Systematik der §§ 3, 9 ErbStG eingebunden:

  • Der gemeine Wert der Auflagenbegünstigung wird im Zeitpunkt des Vollzugs der Auflage ermittelt.
  • Die Steuerklasse des Auflagenbegünstigten richtet sich nach seiner subjektiven Beziehung zum Erblasser.

Beides (und vor allem die Frage des persönlichen Freibetrages) erhellt die phänomenologische Nähe zum Erwerb von Todes wegen.

 

Rz. 451

Die Parallelvorschrift zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (s. § 7 Rn. 580 ff.), die bei einer Auflage in Zusammenhang mit einer Schenkung einschlägig ist. Der Grenzfall ist die Auflage unter einer Überlebensbedingung. Wird die Auflage z. B. vom Überleben des Zuwendenden abhängig gemacht, dann entsteht nach dem FG Rheinland-Pfalz vom 07.12.1995 (ZEV 1996, 80) Erbschaftsteuer nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (!).

 

Rz. 452

Ein steuerpflichtiger Tatbestand liegt nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 HS 2 ErbStG allerdings nicht vor, wenn es sich um eine Zweckzuwendung i. S. d. § 8 ErbStG handelt. Wenn die Auflage keiner bestimmten Person zugutekommt und folglich als Zweckzuwendung zu subsumieren ist, besteht wegen der Sonderregelung des § 20 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall ErbStG (Steuerschuldner bei einer Zweckzuwendung ist der Beschwerte!) keine Notwendigkeit für einen eigenen Steuertatbestand.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?