Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 8
Im II. Abschnitt des ErbStG sind u. a. die Begünstigungen für Betriebsvermögen, die sachliche Steuerbefreiungen darstellen, geregelt. Unabhängig davon, ob der Erwerb der (erweitert) beschränkten oder (erweitert) unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, werden die Begünstigungen für in EU-/EWR-Staaten belegenes Vermögen gewährt (zu einem möglichen Verstoß gegen das Beihilfeverbot vgl. Wachter, DB 2016, 1273 ff.; Bäuml/Vogel, BB 2015, 736, 739 ff.). Dies hat zur Folge, dass Drittstaatenvermögen, das nicht über Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung in EU-/EWR-Staaten gehalten wird, keine Begünstigung gewährt wird.
Rz. 9
Da die Begünstigungen für alle steuerbaren Erwerbsvorgänge gewährt werden, ist es nicht von Bedeutung, ob ein Vermögensübergang von Todes wegen, eine Übertragung unter Lebenden oder ein fiktiver Erwerb erfolgt. Begünstigt ist jedoch bei Erwerben von Todes wegen lediglich der Letzterwerber (§ 13a Abs. 5 ErbStG), der mit dem Gesamtrechtsnachfolger zusammenfallen kann, aber nicht muss (z. B. Vermächtnisnehmer gem. §§ 1939, 2174 BGB).
Rz. 10
Mittelbare Erwerbsvorgänge von per se begünstigten Vermögen sind hingegen nicht gem. §§ 13a ff. ErbStG privilegiert, z. B. die Geldschenkung unter der Auflage des Erwerbs von begünstigtem Vermögen.
Rz. 11
Die Begünstigungen zu systematisieren, wird spätestens durch die Neufassung des ErbStG zum 01.07.2016 u. a. deshalb deutlich erschwert, da die Steuerbefreiungen weiter an Komplexität gewonnen haben und nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, ob Vermögensarten i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG für Zwecke der Ermittlung der Begünstigung zusammenzufassen (Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG) oder gar einheitlich anzuwenden sind (sog. Optionsfalle des § 13a Abs. 10 ErbStG).
Rz. 12
Abzugrenzen sind Schulden, die zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen und dort in der Systematik der §§ 13a, 13b ErbStG zu berücksichtigen sind, von solchen Schulden, die mit der Vermögensart i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. In diesem Zusammenhang ist insb. die Schuldenkürzung des § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG zu beachten.
Rz. 13
Bis zu einem Erwerb von begünstigten Vermögen i. H. v. 26 Mio. EUR findet die Regelverschonung stets Anwendung. Ein Antrag auf Verzicht der Begünstigung kann somit nicht gestellt werden; ferner ist der Verschonungsabschlag nicht antragsgebunden. Bei Großerwerben kann durch Verzicht auf die Option nach § 13c ErbStG bzw. § 28a ErbStG hingegen eine Anwendung vermieden werden.