Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 268
Schließlich ist gemäß § 13b Abs. 8 S. 2 2. HS ErbStG eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt. Dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Dadurch soll vermieden werden, dass gezielt Bankverbindlichkeiten begründet werden und die dem Unternehmen zufließenden Valuten vor dem Stichtag vom späteren Übergeber entnommen werden (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 174). Bei Schulden handelt es sich um Verbindlichkeiten und handelsrechtlich zulässige Rückstellungen (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 175). Hingegen stellen passive Rechnungsabgrenzungsposten keine Schulden dar, da sie handelsrechtlich keine mit einem Substanzwert ausgestattete Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter darstellen, sondern lediglich Bilanzierungshilfen zur periodengerechten Gewinnermittlung. Sie können das Verwaltungsvermögen somit nicht mindern (FG Rheinland-Pfalz vom 25.10.2017, DStRE 2018, 1429 (1431)).
Rz. 269
Der durchschnittliche Schuldenstand ermittelt sich anhand einer stichtagsbezogenen Betrachtung, so dass die Drei-Jahres-Frist Tag-genau zu ermitteln ist (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 174). Aus Vereinfachungsgründen lässt es die Finanzverwaltung jedoch zu, dass der durchschnittliche Schuldenstand aus den Schuldenständen am Ende der letzten drei vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer abgelaufenen Wirtschaftsjahre abzuleiten ist (R E 13b.28 Abs. 2 S. 4 ErbStR). Anschließend ist noch der Wert des durchschnittlichen Schuldenstandes um den Wert der Altersversorgungsverpflichtungen nach § 13b Abs. 3 ErbStG zu mindern, welcher auf den Stichtag der Steuerentstehung mit dem Verwaltungsvermögen verrechnet wurde (R E 13b.28 Abs. 2 S. 4 ErbStR).
Rz. 270
Der Beschränkungsbetrag ermittelt sich, indem der Schuldenstand zum Besteuerungszeitpunkt bestimmt wird und von diesem der durchschnittliche Schuldenstand der letzten drei Jahre abgezogen wird. Ergibt sich eine positive Differenz, wird der Schuldenabzug grundsätzlich in dieser Höhe versagt. Gemäß § 13b Abs. 8 S. 2 2. HS ErbStG kann der Steuerpflichtige jedoch den Gegenbeweis erbringen, dass die Erhöhung des Schuldenstands betrieblich veranlasst ist (vgl. Viskorf in V/S/W, ErbStG § 13b Rz. 297).
Rz. 271
Es ist unklar, welche Anforderungen an eine betriebliche Veranlassung der Schuldenerhöhung zu stellen sind. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut müsste eine mittelbare Kausalität zu einer Betriebstätigkeit ausreichen (vgl. Viskorf in V/S/W, ErbStG § 13b Rz. 297; s. a. Jülicher in T/G/J/G, ErbStG § 13b Rz. 402). Folglich sind nur solche Schulden nicht betrieblich veranlasst, die der Anschaffung von Vermögensgegenständen dienen, welche nicht dem Betreib zugutekommen, sondern durch Entnahme dem privaten Bereich (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 174).
Rz. 272
Nach Ansicht der Finanzverwaltung (R E 13b.28 Abs. 2 S. 8 und 9 ErbStR) ist die Erhöhung des Schuldenstandes betrieblich veranlasst, wenn sie auf dem laufenden Geschäftsbetrieb beruht. Davon ist beispielsweise nicht auszugehen, wenn Wirtschaftsgüter des nicht betriebsnotwendigen Betriebsvermögens (§ 200 Abs. 2 BewG) fremdfinanziert werden. Korezkij weist zu Recht darauf hin, dass die gewählte Formulierung des "laufenden Geschäftsbetriebs" in der Richtlinie für die Praxis wenig hilfreich erscheint, weil der Begriff des laufenden Geschäftsbetriebs nicht definiert ist. Zudem ist das nicht betriebsnotwendige Betriebsvermögen trotz gesetzlicher Definition in § 200 Abs. 2 BewG streitanfällig (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 318). Geck ist hingegen der Meinung, dass die ertragsteuerliche Anerkennung der betrieblichen Veranlassung der Schulden einen ausreichenden Nachweis darstellt, um eine betriebliche Erhöhung des Schuldenstandes zu beweisen. Ist das Finanzamt anderer Meinung, trifft es die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 179).
Der Alleingesellschafter A hat der Autohaus X-GmbH, welche überschuldet ist und kurz vor der Insolvenz steht, ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 400.000 EUR gewährt. Er möchte nun alle GmbH-Anteile unentgeltlich auf seine Tochter übertragen. A erklärt jetzt einen "qualifizierten" Rangrücktritt gegenüber der X-GmbH. Bei diesem verpflichtet sich die X-GmbH das Darlehen aus dem sogenannten sonstigen freien Vermögen zu tilgen. Dieser Rangrücktritt führt nicht zu einem Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG.
Durch die Gewährung des Gesellschafterdarlehen, welches als Fremdkapital ausgewiesen wird, übersteigt die Summe der Schulden jedoch den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer. Fraglich ist, ob diese Schulden das Verwaltungsvermögen mindern.
Lösung:
Die Gewährung des Gesellschafterdarlehens ist in diesem Falle betrieblich veranlasst und nicht durch das Gesellschaftsv...