Rz. 14

Die unbeschränkte Steuerpflicht tritt ein, wenn

  • der Erblasser zur Zeit seines Todes,
  • der Schenker zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung oder
  • der Erwerber bei Entstehung der Steuer

Steuerinländer war.

Von entscheidender Bedeutung, insb. unter Gestaltungsgesichtspunkten bei der Schenkung, ist die Aussage des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, dass die unbeschränkte Steuerpflicht bereits vorliegt, wenn nur einer der Beteiligten am Übertragungsvorgang Steuerinländer ist (s. auch R E 2.1 Abs. 1 Satz 2 ErbStR).

 

Rz. 15

Die Eigenschaft als Inländer kann sich aus einem Wohnsitz(s. Rn. 20 ff.) oder gewöhnlichen Aufenthalt eines Beteiligten im Inland ergeben (s. Rn. 25 ff.). Sie gilt des Weiteren unter bestimmten Voraussetzungen für Auslandsbedienstete und deren Angehörige (s. Rn. 43 ff.). Als dritte Gruppe gilt die unbeschränkte Steuerpflicht außerdem für Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben und vor weniger als fünf Jahren ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben (s. Rn. 60 ff.).

 

Rz. 16

Natürliche Personen sind Inländer i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG, wenn sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Die Staatsangehörigkeit ist in diesen Fällen unerheblich, so dass auch ausländische Staatsbürger bei Vorliegen eines Wohnsitzes im Inland der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegen.

 

Rz. 17

Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG knüpft sowohl an die Inländereigenschaft des Erblassers oder des Schenkers als auch an die Inländereigenschaft des Erwerbers an. Es reicht demnach aus, wenn eine der beiden an dem Erbfall oder der Schenkung beteiligten Personen die Eigenschaft als Inländer erfüllt, um den Vorgang der unbeschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen. Ist der Erblasser Inländer, findet auf den gesamten Erbfall die unbeschränkte Steuerpflicht Anwendung. Ist der Erblasser dagegen kein Inländer und nur einer von mehreren Erben Inländer, findet auf den Erbfall nur insoweit die unbeschränkte Steuerpflicht Anwendung, wie Vermögen auf den inländischen Erben übergeht. Im Übrigen kommt allenfalls eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht in Betracht.

 

Rz. 18–19

vorläufig frei

2.1 Wohnsitz

 

Rz. 20

Als Inländer i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gelten Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben. Der Begriff des Wohnsitzes findet sich in § 8 AO. Demnach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dies setzt immer eine Rückkehrabsicht ("animus revertendi") und eine Verfügungsbefugnis voraus (sie fehlt etwa bei einem Hotelgast im Hotel oder bei einem Strafgefangenen in einer JVA). Der Wohnsitzbegriff selbst setzt eine feste Verbindung mit dem inländischen Territorium voraus, die z. B. bei einem Wohnwagen auf einem Campingplatz nicht gegeben ist.

 

Rz. 21

Bei der Prüfung eines inländischen Wohnsitzes sind nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte folgende Punkte zu beachten:

  • Eine natürliche Person kann gleichzeitig mehrere Wohnsitze im In- und im Ausland haben (s. BFH vom 19.03.1997, BStBl II 1997, 447).
  • Am Ort der inländischen Wohnung muss sich nicht der Mittelpunkt der Lebensinteressen befinden (s. BFH vom 24.01.2001, BFH/NV 2001, 1402).
  • Die Wohnung muss zum dauernden Aufenthalt von Personen geeignet, jedoch nicht unbedingt bestimmt sein (s. BFH vom 24.04.1991, BStBl II 1991, 683).
  • Es ist ausreichend, wenn die Wohnung dem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht. Nicht maßgeblich ist, dass sie dauernd von ihrem Inhaber genutzt wird (s. BFH vom 17.05.1995, BStBl II 1996, 2; s. BFH vom 26.02.1986, BFH/NV 1987, 301).
  • Auch eine Nutzung der inländischen Wohnung regelmäßig zweimal jährlich zu bestimmten Zeiten über mehrere Wochen führt zur Annahme eines Wohnsitzes i. S. d. § 8 AO 1977 (s. BFH vom 23.11.1988, BStBl II 1989, 182).
  • Der Annahme eines Wohnsitzes steht nicht entgegen, dass die Wohnung nicht mit eigenen Möbeln ausgestattet ist (FG Hamburg vom 18.02.1988, EFG 1988, 424).

    Die Wohnung muss in objektiver Hinsicht dem Steuerpflichtigen jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung stehen und zudem in subjektiver Hinsicht von ihm zu einer entsprechenden Nutzung, d. h. für einen jederzeitigen Wohnaufenthalt bestimmt sein. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH vom 13.03.2013, BFH/NV 2014, 1046).

 

Rz. 22

Auch eine regelmäßig genutzte Zweitwohnung begründet somit einen inländischen Wohnsitz (ein Hauptwohnsitz im Ausland steht dem nicht entgegen; s. BFH vom 19.03.1997, BStBl II 1997, 447). Eine nur gelegentlich genutzte Ferienwohnung soll dagegen nicht zur Annahme eines inländischen Wohnsitzes führen. Weitere Einzelheiten hierzu vgl. Buciek in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 8 AO Rn. 8 ff; Koenig in Pahlke/Koenig, AO, § 8 AO Rn. 4 ff.; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 8 AO Rn. 5 ff. und Högl in G/L, § 2 ErbStG Rn. 34 ff.)

Hauptkriterium: Famili...

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