Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 11
Voraussetzung für sämtliche Verschonungen ist die Zugehörigkeit der Übertragungsobjekte entweder zu einem Betriebsvermögen, zu einem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder die Eigenschaft als "wesentliche" Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (mehr als 25 %-Beteiligung des Übergebers bezogen auf das Nennkapital der Kapitalgesellschaft). Erforderlich ist hierbei, dass das erworbene Vermögen sowohl auf Seiten des Erblassers oder Schenkers als auch auf Seiten des Erwerbers begünstigtes Vermögen darstellt (BFH vom 08.05.2019, NZG 2019, 1078). Außerdem muss es sich um inländisches Vermögen handeln oder um Vermögen, welches in der EU/dem EWR belegen ist.
Rz. 12
Die territoriale Einbeziehung von Vermögen innerhalb des Gemeinschaftsgebietes und des EWR gehörte zu den Neuerungen des ErbStG (2009). Zum EWR gehören die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern) sowie Island, Liechtenstein und Norwegen (H E 13b.4 ErbStH). Die Schweiz gehört nicht zum EWR (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 37 Rz. 21). Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gelten ab dem Zeitpunkt, ab dem sie kein Mitglied der Europäischen Union mehr sind und auch nicht wie ein solcher zu behandeln sind, als Drittstaat (vgl. Erkis in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 84). Für die Übergangszeit regelt § 37 Abs. 17 ErbStG, dass durch den Brexit kein Nachversteuerungstatbestand gemäß § 13a Abs. 6 ErbStG ausgelöst wird, da für Erwerbe, für welche die Steuer schon vor dem Austritt oder vor dem Ablauf der Übergangszeit entstanden war, das Vereinigte Königreich weiterhin als Mitglied der Europäischen Union gilt (vgl. Erkis in BeckOK, ErbStG § 37 Rz. 84), siehe auch gleichlautender Ländererlass vom 13.12.2021, BeckVerw 565802.
Rz. 13
Die Begriffe des § 13b Abs. 1 ErbStG selbst sind grundsätzlich im Lichte des Bewertungsrechts (BewG 2009) auszulegen. Hinzu kommen speziell geregelte EStG-Auslegungsvorbehalte (z. B.: "soweit sie ertragsteuerlich zum Betriebsvermögen gehören"), die jedoch auch nicht einheitlich durchgehalten werden und so zu Qualifikationskonflikten führen (vgl. z. B. Betriebsaufspaltung bei den Rückausnahmen zu den Dritten zur Nutzung überlassenen Grundstücken).
Rz. 14
Die Einbeziehung von ausländischem EU-Vermögen schließlich hängt von der einkommensteuerlichen Zuordnung zu einer EU-/EWR-Betriebstätte ab. Ähnliches gilt für die Frage des Sitzes oder der Geschäftsleitung bei Anteilen an Kapitalgesellschaften. Hingegen sind Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Drittstaat in vollem Umfang nicht begünstigungsfähig (EuGH vom 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, "Marianne Scheunemann./.FA Bremerhaven", DStRE 2012, 1033) (vgl. Rz. 75 ff.).