Rz. 8
Steuerschuldner bei Erwerben von Todes wegen (s. § 3 Rn. 10 ff. und § 6 Rn 1 ff. zur Vor- und Nacherbschaft) ist der Erwerber. Nach § 3 ErbStG gibt es verschiedene Arten des Erwerbs von Todes wegen. Beim Erwerb durch Erbanfall nach § 1922 BGB ist der Allein- bzw. Miterbe der Erwerber. Beim Vermächtniserwerb ist der Vermächtnisnehmer, beim Erwerb eines Erbersatzanspruches ist der Erbersatzanspruchsberechtigte und beim Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches nach §§ 2303ff. BGB ist der Pflichtteilsberechtigte der Erwerber (s. Richter/Fischer in V/S/W, § 20 Rn. 2). Auch ein Auflagenbegünstigter kann Erwerber sein (vgl. Geck in K/E, § 20 Rn. 2). Des Weiteren sind Erwerber:
- beim Erwerb aufgrund gesellschaftsrechtlicher Anwachsung die Mitgesellschafter,
- beim Erwerb eines Geschäftsanteils durch Einziehung die verbleibenden Anteilseigner,
- beim Erwerb durch Zwangsabtretung i. d. R. die Kapitalgesellschaft und
- beim überlebensbedingtem Erwerb aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter die Drittbegünstigten (z. B. Zahlungen aus Lebensversicherungsverträgen) sowie die Empfänger von Abfindungen (Gebel in T/G/J/G, § 20 Rn. 16).
Sind die Erben noch nicht bekannt, wird i. d. R. eine Nachlasspflegschaft nach den §§ 1960 ff. BGB eingerichtet. Da beim Erbschaftsteuerbescheid der Steuerschuldner mithin der/die Erwerber, also die unbekannten Erben, Inhaltsadressat sind, wird dem Nachlasspfleger der Erbschaftsteuerbescheid zugestellt (ggf. Schätzungsbescheid). Dieser Vorgehensweise liegen die Vorstellungen der §§ 31 Abs. 6, 32 Abs. 2 ErbStG zugrunde, wonach der Nachlasspfleger die Erbschaftsteuererklärung zu erstellen und die festgesetzte Steuer zu bezahlen hat (vgl. BFH vom 17.06.2020, NJW 2020, 3806, Rn. 17ff.). Die konkrete Steuerfestsetzung dürfte schwierig sein, weil bei den unbekannten Erben i. d. R. keine persönlichen Verhältnisse zum Erblasser bekannt sind. Dennoch ist laut BFH (ebenda) das FA zur Schätzung befugt (vgl. Loose, ErbR 2021, 674 (675)). Die Schätzung wird i. d. R. nach Steuerklasse III vorgenommen werden.
Rz. 9
Bei Schenkungen auf den Todesfall nach § 2301 BGB ist der Beschenkte Erwerber. Bei Übertragungen, die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 ErbStG aufgezählt sind, ist der jeweilige Erwerber bzw. unmittelbar Bereicherte der Erwerber. Ein Vorerbe ist Erbe und mithin Erwerber, während der Nacherbe vom Vorerben erbt und somit erst im Nacherbfall Erwerber des Vermögens vom Vorerben und nur insoweit Steuerschuldner wird. Der Nacherbe wird vor Eintritt des Nacherbfalles steuerlich nicht Erbe des Erblassers (s. § 6 Rn. 24 und s. § 6 Rn. 38 ff. sowie Geck in K/E, § 20 Rn. 2).
Jeder Erwerber ist nur für die Steuern, die aus seinem Erwerb entstehen, Steuerschuldner.