2.20.1 Allgemeines
Rz. 246
§ 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG befreit Zuwendungen an Religionsgemeinschaften und jüdische Kultusgemeinschaften, Zuwendungen an inländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen für kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke sowie Zuwendungen an bestimmte ausländische Institutionen.
2.20.2 Religions- und Kultusgemeinschaften
2.20.2.1 Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts (§ 13 Abs. 1 Nr. 16a ErbStG)
Rz. 247
Eine Religionsgemeinschaft ist unabhängig von der Rechtsform jede freie Gemeinschaft von Gläubigen, die durch ein gemeinsames Glaubensbekenntnis verbunden sind.
Als Körperschaftsstatus bezeichnet man im deutschen Staatskirchenrecht den besonderen Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eigener Art, welchen Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung erlangen können.
Zu den vorkonstitutionell als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestehenden Religionsgemeinschaften – d. h. die bereits bei Gründung der Bundesrepublik den Status einer Körperschaft hatten – gehören vor allem die evangelischen Kirchen (Landeskirchen, Gemeinden, Zusammenschlüsse) und die Römisch-Katholische Kirche (Diözesen, Gemeinden, Zusammenschlüsse, zum Teil auch Ordensgemeinschaften) sowie einzelne jüdische Gemeinden, aber auch die Altkatholiken und Altlutheraner, die Baptisten und die Mennoniten. Eine gute Übersicht aller als Körperschaft anerkannte Religionsgemeinschaften – unterteilt auf die einzelnen Bundesländer – findet sich auf der Internetseite des Bundesministeriums des Inneren (http://www.personenstandsrecht.de/PERS/DE/Themen/Informationen/Religionsgemeinschaften/religionsgemeinschaften_node.html). Nicht umfasst sind muslimische Glaubensgemeinschaften.
Auf Verlangen der FinVerw ist die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts im jeweiligen Bundesland nachzuweisen (z. B. Anerkennung des Status durch das jeweilige Bundesland). In der Folge erstreckt sich die Steuerbefreiung auch auf alle notwendigen Organe und Einrichtungen der Körperschaft. Dazu gehören jedoch nicht die mit einer Religionsgemeinschaft lediglich verbundenen Ordensgemeinschaften, Klöster, Stifte usw. Zuwendungen an diese können jedoch gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG steuerbefreit sein (s. Rn. 249).
2.20.2.2 Jüdische Kultusgemeinschaften (§ 13 Abs. 1 Nr. 16a ErbStG)
Rz. 248
Aufgrund der historischen Vorgeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus sind jüdische Kultusgemeinschaften vom Gesetzgeber ohne ein ansonsten notwendiges Anerkennungsverfahren einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft gleichgestellt und damit steuerbefreit i. S. d. Nr. 16a.
2.20.3 Einrichtungen des privaten Rechts für bestimmte Zwecke (§ 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG)
Rz. 249
Zuwendungen an eine inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse sind von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit, wenn diese im Besteuerungszeitpunkt steuerbegünstigten Zwecken dient. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind nach den §§ 52 bis 54 AO zu beurteilen (s. Eggers, DStR 2007, 1752).
2.20.3.1 Vorschriften der Abgabenordnung
Rz. 250
§ 54 AO definiert die kirchlichen Zwecke als Tätigkeit, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern (z. B. Erteilung von Unterricht, Zuwendungen zum Bau eines Gotteshauses usw.). Fraglich ist, ob eine Zuwendung an ein Ordensmitglied bei einer Ablieferungspflicht durch dieses auch noch kirchlichen Zwecken dient (s. hierzu auch § 7 Rn. 32).
§ 52 Abs. 1 AO enthält eine allgemeine Definition gemeinnütziger Zwecke, ergänzt durch die beispielhafte Aufzählung in § 52 Abs. 2 AO (z. B. Förderung der Wissenschaft, Religion, Kunst und Kultur etc.).
§ 53 AO definiert mildtätige Zwecke als Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge eines körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind und deren Bezüge eine bestimmte Höhe nicht übersteigen.
Weitere Voraussetzungen für das Vorliegen eines steuerbegünstigten Zwecks gem. § 51 AO sind die Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit einer begünstigten Einrichtung (s. §§ 55–57 AO).
Eine Entscheidung über die Befreiung der Körperschaft von der Körperschaftsteuer kann grds. übernommen werden (s. R E 13.8 Abs. 1 ErbStR), eine förmliche Bindungswirkung besteht jedoch nicht.
2.20.3.2 Zweckbetrieb und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Rz. 251
Die Steuerbefreiung für eine Zuwendung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die begünstigte Körperschaft einen Zweckbetrieb unterhält. Das gilt auch für Zuwendungen, die zur Verwendung in einem Zweckbetrieb bestimmt sind.
Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb verwirklicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (s. § 65 AO).
Unterhält die begünstigte Körperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, ist dieser ebenfalls für die Steuerfreiheit einer Zuwendung unschädlich, solange die Kör...