Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 7
Der besondere Versorgungsfreibetrag ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ErbStG um den Kapitalwert der "nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Versorgungsbezüge" zu kürzen. Solche nicht steuerbaren Versorgungsbezüge werden jedoch im ErbStG selbst nicht genannt, sondern in R E 3.5 ErbStR beschrieben. Die besonderen Versorgungsfreibeträge gleichen insoweit die unterschiedliche erbschaftsteuerliche Behandlung aus, die zwischen den nach R E 3.5 ErbStR nicht steuerbaren, auf Gesetz oder Arbeits- oder Dienstverträgen des Erblassers beruhenden Versorgungsbezügen, und den übrigen steuerpflichtigen, auf einem privaten Vertrag begründeten Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG), bestehen. Daneben wird auch denjenigen Hinterbliebenen ein angemessener Ausgleich gewährt, die anlässlich des Todes des Erblassers keine oder nur geringe Versorgungsbezüge erhalten, deren weitere Versorgung aber durch das erworbene Vermögen gesichert wird.
Rz. 8
Die erbschaftsteuerliche Ungleichbehandlung der verschiedenen Versorgungsbezüge beruht darauf, dass die gesetzlich begründeten Versorgungsrenten (z. B. BfA-Renten, Beamtenpensionen) wegen des unmittelbaren eigenen Rechtsanspruchs der Hinterbliebenen nicht vom Erblasser "erworben" werden und infolgedessen kein steuerbarer Erwerb sind (R E 3.5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 ErbStR). Dagegen beruhen vertraglich begründete Versorgungsrenten (z. B. Rente aus einer Geschäftsveräußerung, Vereinbarungen im Rahmen von Gesellschafts- oder Arbeitsverträgen, Lebens-, Unfallversicherung) auf einer rechtsgeschäftlichen Handlung des Erblassers und unterliegen – wie jeder andere Vermögensvorteil aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags – nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG grundsätzlich der Erbschaftsteuer (Ausnahmen in R E 3.5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und 4 sowie Abs. 2 – 4 ErbStR).
Rz. 9
Zu den nicht steuerbaren Versorgungsbezügen gehören insb. (R E 3.5 i. V. m. R E 17 Abs. 1 ErbStR):
- Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Beamten aufgrund der Beamtengesetze des Bundes und der Länder,
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehen. Dies gilt auch in den Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung,
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung zustehen. Dies gilt auch in den Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung,
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Abgeordneten aufgrund der Diätengesetze des Bundes und der Länder zustehen,
- Hinterbliebenenbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen,
- Hinterbliebenenbezüge aufgrund von Erwerben aus Einzelverträgen zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber, aber auch Vereinbarungen im Rahmen von Gesellschafts- oder Arbeitsverträgen, soweit diese angemessen sind.
Erblasser E hinterlässt seiner Witwe W neben 500.000 EUR Bargeld aufgrund eines privaten Anstellungsvertrags (Arbeitnehmerverhältnis) nicht steuerbare Hinterbliebenenbezüge im Kapitalwert von 400.000 EUR und aufgrund eines privaten Gesellschaftsvertrags (keine arbeitnehmerähnliche Stellung) steuerpflichtige Hinterbliebenenbezüge im Kapitalwert von 600.000 EUR.
Lösung:
Die Hinterbliebenenbezüge, die auf ein Arbeitnehmerverhältnis des Erblassers zurückgehen, sind nicht erbschaftsteuerbar (BFH vom 21.05.1989, BStBl II 1981, 715; BStBl II 1982, 27 und R E 3.5 Abs. 1 ErbStR). Der Kapitalwert der Versorgungsbezüge unterliegt zwar nicht der Erbschaftsteuer, er zehrt aber nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ErbStG den Freibetrag von 256.000 EUR vollständig auf. Die 500.000 EUR Bargeld unterliegen nach Abzug des Freibetrags von 500.000 EUR nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Ergebnis auch nicht der Erbschaftsteuer. Der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wird hier keinesfalls gemindert um den Betrag (144.000 EUR), um den die nicht steuerbaren Versorgungsbezüge den besonderen Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ErbStG übersteigen. Die Witwenbezüge aufgrund des privaten Gesellschaftsvertrages sind allerdings steuerpflichtig (BFH vom 13.12.1989, BStBl II 1990, 322, 325). W hat somit im Ergebnis 600.000 EUR zu versteuern.
Rz. 10
Der Versorgungsfreibetrag von 256.000 EUR wird durch den Kapitalwert etwaiger nicht steuerbarer Versorgungsbezüge leicht erreicht und reduziert den Versorgungsfreibetrag auf 0 EUR. Daran hat der BFH keine verfassungsrechtlichen Zweifel geäußert (BFH vom 14.07.1982, BStBl II 1983, 19). Allerdings hatte der Gesetzgeber bei Neufassung des § 17 ErbStG durch das ErbStRG den Hinweis des BFH nicht aufgegriffen, dass ein nach dem Lebensalter des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner abgestufter Versorgungsfreibetrag – wie er nach § 17 Abs. 2 ErbStG für die Kinder vorgesehen ist – zu sinnvolleren Ergebnissen führen würde.
Rz. 11
Der besondere Versorgungsfreibetrag kommt demnach vor allem Erwerbern steuerpflichtiger Verso...