Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 12
Bei bestehenden Mietverhältnissen zum Bewertungsstichtag ist der Rohertrag das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Nutzung des bebauten Grundstücks aufgrund der zum Bewertungsstichtag bestehenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen haben (§ 186 Abs. 1 Satz 1 BewG). Dies gilt für alle vermietete Grundstücke (oder Grundstücksteile), für die das Ertragswertverfahren in Betracht kommt, egal ob sie wohnlich, gewerblich, freiberuflich oder öffentlich genutzt werden.
Vermietet wird ab dem 01.06.2018 ein gewerblich genutztes bebautes Grundstück mit einer Nutzfläche von 120 m2; das Ertragswertverfahren kommt zur Anwendung. Die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete betrug 800 EUR. Zum jeweils 1.6. eines Jahres sieht der Mietvertrag eine Steigerung der vereinbarten Nettokaltmiete in Höhe von 0,20 EUR je m2 Nutzfläche vor. Am 31.01.2020 verstarb der Vermieter.
Lösung:
Vereinbarte jährliche Miete (800 EUR × 12) |
9.600 EUR |
Mietsteigerung zum 01.06.2019 (0,20 EUR × 120 m2 × 12) |
+ 288 EUR |
Jährlicher Rohertrag nach § 186 Abs. 1 Satz 1 BewG |
9.888 EUR |
Rz. 13
Zur Jahresmiete (der wirtschaftlichen Einheit) rechnen z. B. (s. a. R B 186.1 ErbStR):
- Mieteinnahmen für Stellplätze;
- Mieteinnahmen für Nebengebäude, z. B. für Garagen;
- Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters, die nicht die Raumnutzung betreffen, aber neben der Raumnutzung aufgrund des Mietvertrags gewährt werden (z. B. Reklamenutzung sowie für das Aufstellen von Automaten);
- Leistungen des Mieters, die nicht in Geld bestehen, soweit sie nicht gleichzeitig als Betriebskosten zu berücksichtigen wären (z. B. die Übernahme der Grundstücksverwaltung).
Rz. 14
Nicht einzubeziehen sind insb. (s. a. R B 186.1 ErbStR):
- Einnahmen für die Überlassung von Maschinen und Betriebsvorrichtungen, da diese Wirtschaftsgüter nicht Bestandteil der wirtschaftlichen Einheit "Bebautes Grundstück" sind (§ 176 Abs. 2 Nr. 2 BewG);
- Einnahmen für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen (z. B. bei möblierten Wohnungen, Ferienwohnungen, Studentenwohnheimen), da diese Wirtschaftsgüter nicht Bestandteil der wirtschaftlichen Einheit "Bebautes Grundstück" sind (Umkehrschluss aus § 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG);
- in Mieten – durch Option nach § 9 UStG – enthaltene Umsatzsteuer, da diese an das FA abgeführt wird und somit keinen Ertrag darstellt.
Rz. 15
Bei dem Entgelt handelt es sich um eine Sollmiete. Maßgebend ist die Miete, die vertraglich vereinbart worden ist, unabhängig davon, ob Mietpreisbindungen bestehen.
Auf die tatsächlich gezahlte Miete kommt es somit nicht an. Bei Mietausfällen ist somit trotz des geringeren Ertrags eine zielführende Bewertung auf der Grundlage der vereinbarten Miete vorzunehmen.
Bei mehrstöckigen Mietverhältnissen berechnet sich die Jahresmiete nach den Beträgen, die der oder die Mieter (Hauptmieter) an den Vermieter (Eigentümer) vereinbarungsgemäß zu zahlen haben; hierzu zählen auch Untermietzuschläge.
Eigentümer E hat an den Hauptmieter/Untervermieter H langfristig ein Mietwohngrundstück vermietet. H ging mit Zustimmung des E ein Untermietverhältnis mit U (Untermieter) ein. Die Kaltmiete aus dem Untermietvertrag ist höher als die zwischen Eigentümer und Hauptmieter vereinbarte. Sie betrug im Bewertungsstichtag monatlich 7.200 EUR. Die Kaltmiete aus dem Hauptmietvertrag belief sich auf 6.000 EUR monatlich. Nach den Vereinbarungen im Hauptmietvertrag steht E die Hälfte aus dem Untervermietungsgewinn zu.
Lösung:
Miete U an H |
7.200 EUR |
Miete H an E |
./. 6.400 EUR |
Überschuss aus Untervermietung |
800 EUR |
davon 50 % |
400 EUR |
|
|
Vereinbarte jährliche Miete H an E |
6.400 EUR |
50 % aus dem Überschuss der Untervermietung |
+ 400 EUR |
Monatliches Entgelt Vermietung E an H |
6.800 EUR |
Jährlicher Rohertrag nach § 186 Abs. 1 Satz 1 BewG |
81.600 EUR |