Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 16
Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich um durchschnittliche Lagewerte, die sich für ein Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Lage- und Nutzungsverhältnissen je Quadratmeter der unbebauten oder bebauten Grundstücksfläche ergeben.
Sie werden aus Kaufpreissammlungen für vergleichbare Grundstücke für jedes Gemeindegebiet unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands (Flächen der Land- und Forstwirtschaft, Bauerwartungsland, Rohbauland und baureifes Land) abgeleitet.
Die Bodenrichtwerte sind nach den Bestimmungen des BauGB und hierzu ergangener landesrechtlicher Ausführungsvorschriften regelmäßig im Abstand von zwei Jahren von den Gutachterausschüssen flächendeckend für bebaute Grundstücke und bei unbebauten Grundstücken zumindest für erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland (§ 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB) festzustellen und den FÄ mitzuteilen (§ 179 Satz 2 BewG; kein eigener anfechtbarer Verwaltungsakt).
Rz. 17
Es sind die Bodenrichtwerte des letzten Feststellungsstichtags, der dem Bewertungsstichtag vorausging, zugrunde zu legen (§ 157 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 179 Satz 3 BewG; gesetzliche Präzisierung durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz [GrStRefUG] vom 16.07.2021, BGBl I 2021, 2931). Es kommt somit nicht darauf an, wann der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert tatsächlich ermittelt und dem FA mitgeteilt hat.
A schenkt B zum 03.01.2020 ein unbebautes Grundstück. Der Gutachterausschuss hat zuletzt zum 31.12.2017 einen Bodenrichtwert von 200 EUR/m2 ermittelt. In seiner Sitzung im April 2020 ermittelt der Gutachterausschuss zum 31.12.2019 einen Bodenrichtwert von 230 EUR/m2. Der Gutachterausschuss teilt den Bodenrichtwert dem FA erst im Mai 2020 mit.
Lösung:
Bei der Bewertung des unbebauten Grundstücks muss das FA von einem Bodenrichtwert von 230 EUR/m2 ausgehen. Dies ist der turnusmäßig zuletzt vor dem Bewertungsstichtag vom Gutachterausschuss zu ermittelnde Wert.
Rz. 18
Vom Gutachterausschuss veröffentlichte Bodenpreisindexreihen sind als Bestandteil der Bodenrichtwerte zu berücksichtigen. Dabei bildet der Gutachterausschuss Richtwertzonen, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind vom Gutachterausschuss darzustellen. Wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale sind insb. die Art und das Maß der baulichen Nutzung, das sich in der Geschossflächenzahl und in der Anzahl der möglichen Geschosse ausdrücken kann, die Grundstückstiefe und die Grundstücksgröße sowie die Unterteilung in erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland.
Für Grundstücke, die mit den wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks in der jeweiligen Bodenrichtwertzone übereinstimmen, ist der vorgegebene Bodenrichtwert anzusetzen. Der Wert von Grundstücken, die von den wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks abweichen, ist grds. nach den Vorgaben des Gutachterausschusses aus dem Bodenrichtwert der jeweiligen Richtwertzone abzuleiten.
Rz. 19
Die FinVerw hat in R B 179.2 Abs. 2 bis 7 ErbStR und den dazugehörenden aussagekräftigen Erläuterungen und Berechnungsbeispielen in H B 179. 2 ErbStH zu Wertkorrekturen Stellung bezogen. Insb. geht sie ein auf (inkl. Umrechnungskoeffizienten):
die abweichende planungsrechtlich zulässige Geschossflächenzahl.
Mit Urteil vom 12.07.2006 (BStBl II 2006, 742) entschied der BFH zur Ableitung des Bodenrichtwerts aus der angegebenen Geschossflächenzahl. Er kam zum Ergebnis, dass der auf der Grundlage des Bodenrichtwerts festzustellende Wert eines unbebauten Grundstücks entsprechend der Geschossflächenzahl unter Zugrundelegung des maßgeblichen Umrechnungskoeffizienten anzupassen ist, wenn der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert und die dazugehörige Geschossflächenzahl bestimmt hat.
- die abweichende wertrelevante Geschossflächenzahl.
- die abweichende Grundstücksgröße.
Zum Abschlag auf den Bodenrichtwert wegen Übergröße des Grundstücks vgl. das BFH-Urteil vom 11.05.2005 (BStBl II 2005, 686). Der BFH stellte fest, dass ein niedrigerer Wert als der vom Gutachterausschuss angegebene Bodenrichtwert der Feststellung eines Grundstückswerts jedenfalls dann nicht zugrunde gelegt werden kann, wenn lediglich geltend gemacht wird, die Höhe des Bodenrichtwerts an sich sei unzutreffend. Ein Abschlag auf den Bodenrichtwert wegen der Größe des zu bewertenden Grundstücks ist nur vorzunehmen, wenn der Gutachterausschuss Umrechnungskoeffizienten für die Grundstückgrößen vorgegeben hat.
Rz. 20
Andere wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale wie z. B. Ecklage, Zuschnitt, Oberflächenbeschaffenheit und Beschaffenheit des Baugrundes, Lärm-, Staub- oder Geruchsbelästigungen, Altlasten sowie Außenanlagen bleiben unberücksichtigt. Sie sind ggf. i. R.d. Öffnungsklausel zu erfassen (§ 198 BewG).
Rz. 21
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es den Gutachterausschüssen trotz gesetzlicher...