2.4.1 Allgemeines
Rz. 56
Der Erwerb des sog. "Dreißigsten" ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG grundsätzlich als gesetzliches Vermächtnis steuerbar, jedoch nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerbefreit.
Der Erbe ist entsprechend § 1969 BGB verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstand gehörten und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten 30 Tagen nach dem Eintritt des Erbfalls in demselben Umfang, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung auch eine abweichende Anordnung treffen. Dabei finden die Vorschriften über Vermächtnisse entsprechende Anwendung.
2.4.2 Voraussetzungen
Rz. 57
Familienmitglieder i. S. v. § 1969 BGB sind unstreitig der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner (§ 11 Abs. 1 LPartG) und die gemeinsamen Kinder. Das Zivilrecht kennt jedoch keine allgemeingültige gesetzliche Begriffsbestimmung. § 1589 BGB definiert anhand der Abstammung den Begriff "Verwandtschaft", jedoch nicht den der "Familie".
Aus steuerlicher Sicht dürfte der Personenkreis des § 1969 BGB mindestens auf die Angehörigen i. S. d. § 15 AO erweiterbar sein. Ergänzend hierzu gehören auch der nichteheliche Lebenspartner, Freunde oder Pflegekinder, sofern sie wie Familienmitglieder
- zum Todeszeitpunkt zum Haushalt des Erblassers gehörten und
- vom Erblasser Unterhalt bezogen haben.
Diese Voraussetzungen erfüllen z. B. Hausangestellte, deren Lohn gerade kein Unterhalt ist, nicht. Auch der in Scheidung lebende Ehepartner wird regelmäßig infolge der fehlenden Haushaltszugehörigkeit im Todeszeitpunkt ausscheiden. Die Berechtigung des § 1969 BGB entsteht aufgrund der persönlichen Beziehungen zum Erblasser und der tatsächlichen Aufnahme in die Familiengemeinschaft. Keine Voraussetzung ist, dass eine Unterhaltsverpflichtung des Erblassers bestand.
Rz. 58
Bezugsberechtigter kann naturgemäß nicht der Erbe selbst sein, da dieser zur Zahlung des "Dreißigsten" verpflichtet wird, sondern das unterhaltene Familienmitglied, das das Vermächtnis erhält. Die Verpflichtung des Erben ist bei diesem als Nachlassverbindlichkeit (s. § 10 Abs. 5 ErbStG, s. § 10 Rn. 200) abzugsfähig.
Strittig ist, ob die Befreiung für weitergehende Verfügungen i. S. v. § 1969 Abs. 1 Satz 2 BGB greift. Damit sind zivilrechtlich anderslautende Regelungen durch den Erblasser möglich. Aus steuerlicher Sicht dürfte es sich hierbei jedoch um ein reines Vermächtnis durch den Erblasser handeln, das nicht die Voraussetzung der Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erfüllt.
Rz. 59–60
vorläufig frei