2.5.1 Allgemeines
Rz. 61
Entgegen der zivilrechtlichen Grundlagen (BGH vom 27.11.1991, NJW 1922, 564) aber entsprechend der BFH-Rechtsprechung (vom 02.03.1994, BStBl II 1994, 366) unterliegen sämtliche unentgeltlichen Zuwendungen zwischen Ehegatten grundsätzlich der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Dies gilt für den Bereich des Steuerrechts selbst dann, wenn sie in Erwartung des Fortbestands der Ehe der wirtschaftlichen Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen und daher im Zivilrecht als sog. unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen keine Schenkung i. S. d. §§ 516ff. BGB darstellen (dazu s. § 7 Rn. 461).
§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG eröffnet im Steuerrecht jedoch die sachliche Steuerbefreiung für ein von den Ehegatten bzw. den eingetragenen Lebenspartnern selbst genutztes Wohnobjekt. Steuerbefreit sind schenkweise Zuwendungen, mit denen ein Ehegatte oder der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dem anderen das Eigentum an
- einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus (dies gilt auch, wenn mehrere Wohnungen selbst genutzt werden) oder an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung
- ganz oder teilweise verschafft oder den anderen Ehegatten von einer Verpflichtung, die in Zusammenhang mit der Anschaffung bzw. Herstellung eines solchen Objekts eingegangen wurde, ganz oder teilweise freistellt oder
- der Ehegatte nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand für ein Objekt ganz oder teilweise trägt, das den Ehegatten gemeinsam oder dem anderen Ehegatten gehört,
als Erwerb eines sog. Familienheims.
Rz. 62
Das FG Hamburg hat darauf hingewiesen, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim im Zweifel wörtlich eng auszulegen ist (Beschluss vom 11.03.2016, EFG 2016, 924). Dem hat sich der BFH zwischenzeitlich angeschlossen (s. BFH vom 29.11.2017, BStBl II 2018, 362 und BFH vom 23.05.2019, BStBl II 2019, 678). Davon unabhängig besteht – sollte doch Steuer für den Erwerb eines selbstgenutzten Familienheims anfallen – eine Steuerstundungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 3 Satz 2 ErbStG, vgl. auch die Ausführungen von Raßfeld-Wilske (s. § 28 Rn. 56).
2.5.2 Voraussetzungen
2.5.2.1 Allgemeines
Rz. 63
Steuerbefreit sind Zuwendungen, mit denen ein Ehegatte (Satz 1 und 2) oder Lebenspartner (Satz 3) dem anderen das Eigentum oder Miteigentum an
- einem im Inland bzw. in einem EU-Mitgliedstaat bzw. in einem EWR-Staat gelegenem bebautem Grundstück i. S. d. § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des BewG verschafft (Satz 1),
- soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Satz 1)
- als Erwerb eines sog. Familienheims von der Schenkungsteuer.
- Gleiches gilt, wenn ein Ehegatte/Lebenspartner
- den anderen Ehegatten/Lebenspartner von einer eingegangenen Verpflichtung im Zusammenhang mit der Anschaffung bzw. Herstellung des Familienheims, ganz oder teilweise freistellt (Satz 1) oder
- der Ehegatte/Lebenspartner nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand für ein Familienheim ganz oder teilweise trägt, das den Ehegatten gemeinsam oder dem anderen Ehegatten gehört (Satz 2).
Eine der Schenkung nachgelagerte Behaltensfrist wie bei der Befreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG (s. Rn. 111 ff.) ist nicht vorgesehen, auch kann die steuerbefreite Zuwendung unter Nutzungsvorbehalt zugunsten des Schenkers erfolgen. Irrelevant ist ebenfalls der Güterstand der Ehegatten/Lebenspartner. Die spätere Veräußerung oder eine Nutzungsänderung (z. B. durch Vermietung, Aus- oder Umbau) ist unbeachtlich, sofern kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO vorliegt (bspw. bei nur kurzzeitiger Nutzung eines zuvor neu erworbenen Objektes und anschließender sofortiger Wiederveräußerung). Die mehrfache Übertragung eines Familienheims während des Bestehens einer Ehe ist grundsätzlich unschädlich. Es dürfte jedoch nach der allgemeinen Lebenserfahrung unwahrscheinlich sein, dass der bedachte Ehegatte zeitgleich Eigentümer oder Miteigentümer mehrerer Familienwohnheime wird.
Rz. 64
Eine Angemessenheitsprüfung (bspw. bezüglich der notwendigen Größe des Objekts) findet seitens der Finanzverwaltung nicht statt.
Die Steuerbefreiung kommt auch dann zur Anwendung, wenn in der Vergangenheit bereits eine Steuerbefreiung nach der bis Ende 2008 geltenden Gesetzesfassung in Anspruch genommen wurde.
Ein wesentlicher Vorteil der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ist, dass weder eine Anrechnung auf den persönlichen Freibetrag i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, noch eine Zusammenrechnung mit Erwerben innerhalb von zehn Jahren nach § 14 ErbStG stattfindet. Jedoch sind mit dem steuerbefreiten Erwerb zusammenhängende Verbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 6 ErbStG vom Abzug ausgeschlossen (s. § 10 Rn. 273).
2.5.2.2 Begünstigter Personenkreis
Rz. 65
Ausdrücklich sind in § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nur Erwerbe unter Ehegatten (Sätze 1 und 2) oder Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in Satz 3 steuerfrei gestellt, somit nicht zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Verlobte zählen ebenfalls nicht zum begünstigten Personenkreis, auch wenn sie Angehörige i. S. d. § 15 AO sind.
2.5.2.3 Bebautes Grundstück und Lage
Rz. 66
Bebaute Grundstücke i. S. d. § 181 A...