Rz. 66
Der Erblasser hat die Möglichkeit, mit einer sog. Teilungsanordnung selbst Bestimmungen zur Erbauseinandersetzung zu treffen (s. § 2048 BGB). Eine solche Teilungsanordnung wirkt schuldrechtlich im Verhältnis der Erben untereinander, sie ändert jedoch nichts an der zunächst bestehenden gesamthänderischen Bindung des Nachlasses. Die Teilungsanordnung hat grds. eine doppelt verpflichtende Wirkung: Die übrigen Erben sind verpflichtet, dem mit der Zuweisung eines bestimmten Gegenstandes bedachten Erben diesen Gegenstand bei der Erbauseinandersetzung zuzuweisen, der bedachte Erbe ist grds. verpflichtet, diesen auch zu nehmen. Unter Umständen ergibt eine Auslegung der Teilungsanordnung aber auch, dass diese bei einer Vereinbarung aller Miterben unbeachtlich sein soll.
Rz. 67
Die erbschaftsteuerliche Behandlung der Teilungsanordnung ist problematisch. Einerseits regelt sie den Prozess der Erbauseinandersetzung, der für die Erbschaftsteuer ohne Bedeutung ist, was dafür spricht, auch der Teilungsanordnung keine Bedeutung zukommen zu lassen. Andererseits liegt die Teilungsanordnung bereits im Zeitpunkt der Steuerentstehung vor. Sie gibt dem Berechtigten (ebenso wie das Sachvermächtnis) einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung der Sache, was dafürsprechen würde, sie erbschaftsteuerlich doch zu berücksichtigen.
Rz. 68
Die höchstrichterliche Rspr. hat zunächst geschwankt, wie Teilungsanordnungen zu behandeln seien. Zunächst wurde die Teilungsanordnung für unbeachtlich erklärt mit dem Argument, die Erbauseinandersetzung könne auf die Besteuerung keinen Einfluss haben (s. BFH vom 30.06.1960, BStBl III 1960, 349). 1977 vertrat der BFH jedoch die Auffassung, zumindest eine bindende Teilungsanordnung, die dem Miterben ein Recht auf Übertragung des Gegenstandes gebe, sei auf Grund der Nähe zum Sachvermächtnis bei der Erbschaftsteuer zu beachten und führe dazu, dass dem Betreffenden der Gegenstand gesondert zugerechnet werden müsse (s. BFH vom 16.03.1977, BStBl II 1977, 6411982 gab der BFH diese Rspr. auf und vertritt seitdem in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, Teilungsanordnungen seien für die Erbschaftsteuer unbeachtlich, da Steuertatbestand der Erwerb "durch Erbanfall" und nicht "auf Grund" eines Erbanfalls sei (s. BFH vom 10.11.1982, BStBl II 1983, 329; BFH vom 02.07.2004, BFH/NV 2005, 214). Dies gelte auch für den Fall der qualifizierten Nachfolge in einen vererblich gestellten Anteil an einer Personengesellschaft. Dieser Rspr. hat sich die FinVerw angeschlossen (s. R E 3.1 Abs. 1 Satz 3 ErbStR).
Rz. 69
Diese Rechtsprechung führte insbesondere bei den früheren Steuerbegünstigungsregelungen für das Betriebsvermögen (s. § 13a ErbStG a. F.) zu Problemen, da sie zur Folge hatte, dass, auch wenn das Betriebsvermögen alleine einem der Erben durch Teilungsanordnung zugewiesen war, alle Erben im Verhältnis ihrer Erbquoten an den Steuervergünstigungen partizipierten, was offenkundig nicht dem Zweck der Vorschrift entsprach. Aus diesem Grund wurde in § 13a Abs. 3 ErbStG für die neuen Steuervergünstigungen nach dem ErbStRG festgelegt, dass diese nur von demjenigen in Anspruch genommen werden können, der das begünstigte Vermögen bei der Erbauseinandersetzung auch erhält (s. §§ 13a, 13b Rn. 96).
Rz. 70
Laut BFH ist auch bei der qualifizierten Nachfolgeklausel (s. § 3 Rn. 338) der Gesellschaftsanteil von allen Erben zu versteuern (s. R E Abs. 3 ErbStR 2011) und zwar obwohl der BFH richtig erkennt, dass anders als bei der Teilungsanordnung die qualifizierte Nachfolgeklausel auch dingliche Wirkung hat und bewirkt, dass der begünstigte Erbe unmittelbar in die gesellschaftsrechtliche Stellung des Erblassers mit dessen Tod eintritt. Der BFH begründet dies damit, dass die qualifizierte Nachfolgeklausel letztlich wie eine dinglich wirkende Teilungsanordnung wirkt, da auch sie zu einem Ausgleichsanspruch der anderen Erben führt (s. BFH vom 10.11.1982, BStBl II 1983, 329 sowie Gottschalk in T/G/J/G, § 3 Rz. 121, auch für eine Hoferbenbestimmung nach Höferecht).
Rz. 71
Hinweis: Da diese Rechtsprechung zum alten Recht erging, ist sie m. E. nicht mehr auf aktuelle Fälle anzuwenden. Vielmehr treffen die Vergünstigungsregelungen bei Weitergabeverpflichtungen zugunsten Dritter (§§ 13a Abs. 3 und 13b ErbStG) hiervon divergierende Aussagen. Die Regelungen zur Steuerbefreiung müssen folgerichtig auf den auslösenden Tatbestand übertragen werden.
Rz. 72–79
vorläufig frei