Rz. 80
Für die Schenkung unter Lebenden fehlt eine § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG entsprechende Vorschrift, da sich § 10 ErbStG nach seinem Wortlaut ("in den Fällen des § 3") nur auf den Erwerb von Todes wegen bezieht. Grundsätzlich gilt allerdings gem. § 1 Abs. 2 ErbStG, dass die Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen auf die Schenkung unter Lebenden entsprechend anwendbar sind.
Rz. 81
Auf Grund der Rechtsprechung des BFH (erstmals BFH vom 12. 12. 1979, BStBl II 1980, 260 zu einem Fall der mittelbaren Schenkung von Grundbesitz) zur gemischten Schenkung und zur Schenkung unter Leistungsauflage bestand die gemischte Schenkung in einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Teil (sog. Trennungstheorie). Dabei wurde die Bereicherung in der Weise ermittelt, dass der Steuerwert der Leistung des Schenkers in dem Verhältnis aufgeteilt wird, in dem der Verkehrswert der Bereicherung des Beschenkten zu dem Verkaufswert des geschenkten Vermögens steht (vgl. R 17 Abs. 2 ErbStR 2003).
Rz. 82
Durch die gleich lautenden Ländererlasse vom 20.05.2011 (BStBl I 2011, 562) hat die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung aufgegeben und dadurch die Behandlung der gemischten Schenkung und Schenkung unter Auflage erheblich vereinfacht. Die bisherige Verhältnisrechnung entfällt. Gegenleistungen des Beschenkten und von ihm übernommene Auflagen werden vom Steuerwert der Zuwendung abgezogen (vgl. R E 7.4 ErbStR = sog. Saldotheorie). Allerdings ist der Abzug nach § 10 Abs. 6 ErbStG beschränkt, soweit die Zuwendung einer Verschonungsregelung (§§ 13, 13a oder 13d ErbStG) oder sonst eine Steuerbegünstigung z. B. durch abzugsfähige Nutzungsrechte unterliegt.
Rz. 83
Hinsichtlich Nutzungs- oder Duldungsauflagen gilt dies aber nur, soweit § 10 Abs. 6 Satz 11 ErbStG den Abzug nicht ausschließt, weil ein Nutzungsrecht sich bereits als Grundstücksbelastung bei der Ermittlung des gemeinen Werts eines Grundstücks ausgewirkt hat.
Rz. 84
Die im Zusammenhang mit der Ausführung der Schenkung entstandenen Erwerbsnebenkosten, z. B. Notar-, Handelsregister- oder Grundbuchkosten, sind Folgekosten der Schenkung. So sind auch bei der Schenkung unter Lebenden Kosten zur Erlangung des Erwerbs entsprechend § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig. Muss der Beschenkte einem Pflichtteilsberechtigten gem. § 2329 Abs. 2 BGB eine Geldsumme bezahlen, um eine Herausgabe des Geschenks abzuwenden, so ist dies entsprechend § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG bereicherungsmindernd zu berücksichtigen (s. BFH vom 08.10.2003, ZEV 2004, 125). Zu beachten ist dabei allerdings, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch in erster Linie den Erben trifft und damit bei dessen Erwerb von Todes wegen bereicherungsmindernd zu berücksichtigen ist. Nur soweit der Erbe die Erfüllung verweigern kann, entweder weil der Nachlass hierfür nicht ausreicht oder weil er selbst pflichtteilsberechtigt ist und ihm durch die Erfüllung des Pflichtteilsergänzungsanspruches weniger als sein Pflichtteil verbleiben würde (s. § 2328 BGB), besteht eine Herausgabepflicht des Beschenkten gem. § 2329 Abs. 1 BGB, die dieser durch Geldzahlung abwenden kann (s. § 2329 Abs. 2 BGB). Nur insoweit kommt ein Abzug bei der Schenkung entsprechend § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG in Betracht. Diese Differenzierung ist vor allem dann zu beachten, wenn der Erbe selbst der Beschenkte ist.
Darüber hinaus sind die Regelungen zur Begrenzung des Abzugs von Schulden und Lasten für Erwerbe, die im Zusammenhang mit begünstigtem Vermögen stehen, nach § 10 Abs. 6 ErbStG zu beachten.
Rz. 85–89
vorläufig frei