2.7.1 Allgemeines
Rz. 131
Die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG wurde mit dem Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts eingeführt und ist auf Erwerbe ab dem 01.01.2009 anzuwenden. Inhaltlich wird die Steuerbefreiung der Nr. 4b bezüglich des Erwerbs eines Familienheims auf den Erwerb von Todes wegen bei Kindern und Kindern verstorbener Kinder (Enkel) ausgedehnt.
In wesentlichen Teilen entspricht die Verschonung der Befreiung für den überlebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner. Auch hier ist Voraussetzung, dass die Wohnung
Darüber hinaus wird die Steuerbefreiung nur anteilig gewährt, wenn die Wohnung 200 qm Wohnfläche übersteigt.
2.7.2 Begünstigter Personenkreis und Art des Erwerbs
Rz. 132
Zum begünstigten Personenkreis zählen:
- Kinder i. S. d. Steuerklasse I Nr. 2 (s. § 15 Rn. 29): Kinder und Stiefkinder,
- Kinder verstorbener Kinder i. S. d. Steuerklasse I Nr. 2 (Enkel vorverstorbener Kinder, nicht Urenkel und weitere Abkömmlinge).
Fraglich ist die Anwendung des vorstehenden Personenkreises im Nacherbfall aufgrund des Ablebens des Vorerben (bspw. bei Erwerb eines Kindes, das zwar mit dem ursprünglichen Erblasser, aber nicht mit dem Vorerben verwandt ist). Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG hat der Nacherbe seinen Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. M.E. sollte entsprechend dem Sinn und Zweck der Steuerbefreiung auch ohne Antragstellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG das Verwandtschaftsverhältnis zum ursprünglichen Erblasser anerkannt werden. Steuerfrei ist nur ein (steuerlicher) Erwerb von Todes wegen (z. B. aufgrund von Erbfall, Vermächtnis, Auflage) innerhalb des begünstigten Personenkreises.
Begünstigt ist nur die Übertragung von Eigentum (ganz oder teilweise) an einer begünstigten Wohnung innerhalb des begünstigten Personenkreises.
2.7.3 Begünstigtes Objekt, Wohnnutzung und Behaltensfrist
Rz. 133
Die Ausführungen zur begünstigten Wohnung, zur Nutzung durch den Erblasser und den Erwerber, zur Behaltensfrist sowie zur Weitergabe des erworbenen Vermögens gelten entsprechend (s. Rn. 94 bis 126).
Insb. bei erwachsenen Kindern mit eigener Familie kann die Freistellung daran scheitern, dass sie – bspw. aus beruflichen Gründen – nicht ohne Weiteres in die geerbte Wohnung einziehen können (vgl. BFH vom 23.06.2015, BStBl II 2016, 225). Eine Nutzung als reine "Zweitwohnung" des Kindes in dem geerbten Objekt ist jedoch nicht ausreichend. Ebenfalls nicht ausreichend ist die unentgeltliche Überlassung der geerbten Wohnung an einen nahen Angehörigen (BFH vom 05.10.2016, BStBl II 2017, 130).
Lebensnah, aber aus steuerlicher Sicht unvorteilhaft, wäre nachstehendes Beispiel.
Der Vater war Alleineigentümer einer Eigentumswohnung, die er zusammen mit seiner Lebensgefährtin bewohnte. Nach dem Tod des Vaters geht die Eigentumswohnung auf sein Kind als Alleinerben über. Der Lebensgefährtin wird testamentarisch ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt.
Lösung:
Der Erwerb der Eigentumswohnung durch das Kind kann mangels Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht steuerbefreit sein.
Jedoch ist der beim Kind anzusetzende Erwerb um die Nachlassverbindlichkeit (auf Lebenszeit kapitalisiertes Wohnrecht) zu mindern.
Steuerlich komplett misslungen wäre ein Erwerb der Eigentumswohnung durch die Lebensgefährtin (nicht verwandt, Steuerklasse III, Freibetrag 20.000 EUR, Eingangssteuersatz 30 %), um nach deren Ableben auf das nicht als Stiefkind anzusehende Kind des Erblassers überzugehen (nicht verwandt, Steuerklasse III, Freibetrag 20.000 EUR, Eingangssteuersatz 30 %).
Rz. 134
Das vorgenannte Beispiel zeigt, dass die Ausgestaltung der Steuerbefreiung mitunter an der Lebensrealität vorbeigeht. Auch ist gerade der Erwerb durch i. d. R. nicht mit Wohneigentum "belastetete" Enkelkinder, deren Elternteil zum Zeitpunkt des Ablebens der Großmutter/des Großvaters noch lebt und bereits selbst Wohneigentum geschaffen hat, nicht begünstigt.
2.7.8 Größenmäßige Begrenzung der Wohnung
Rz. 135
Erweiternd gegenüber dem Erwerb von Ehegatten ist Voraussetzung für die vollständige Freistellung, dass die Wohnfläche der Wohnung nicht mehr als 200 qm beträgt. Bei größeren Wohnungen wird die Freistellung nur für 200 qm Wohnfläche gewährt ("soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt" lautet die vom Gesetzgeber typisierte angemessene Größenordnung für den gemeinsamen familiären Lebensraum, welche die regionalen Wertunterschiede ausgleichen soll). Auch bei mehreren begünstigten Erwerbern bleibt es bei der flächenmäßigen Begrenzung.
Für die Ermittlung der Wohnfläche dürfte als Nachfolgevorschrift der II. Berechnungsverordnung die seit 01.01.2004 gültige Wohnflächenverordnung (WoFIV) einschlägig sein.
Für den 200 qm Wohnfläche übersteigenden Teil des Grundbesitzes kann ggf. die Stundungsmöglichkeit des § 28 Abs. 3 ErbStG in Anspruch genommen werden (s. § 28 Rn. 56).
Die Mutter war Alleineigentümerin eines Einfamilienhauses, das sie zusammen mit ih...