3.1 Historischer Hintergrund

 

Rz. 220

Über einen Zeitraum von knapp 30 Jahren (von Mitte 1970 bis 1. Quartal 1998) war das Erbrecht der nach dem 30.06.1949 geborenen nichtehelichen Kinder nur wertmäßig dem Erbrecht der ehelichen Kinder gleichgestellt. Diese hatten einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben (gesetzliches Vermächtnis) in voller Höhe des Erbteils, ohne dabei Partner einer Miterbengemeinschaft (zusammen mit den anderen Erbberechtigten) zu werden.

Konform mit diesem erbrechtlichen Status quo (ante) war 1970 als zweiter Grundtatbestand in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbersatzanspruch eingeführt worden.

Seit 01.04.1998 sind nichteheliche Kinder durch das ErbGleichG für Erbfälle vollständig gleichgestellt. Damit ist der Grund für den Steuertatbestand entfallen. Dennoch wurde die überholte Norm über ein Jahrzehnt bis zum ErbStRG 2008 "mitgeschleppt".

3.2 Die Neuregelung

 

Rz. 221

Als ein echter Beitrag zur Steuervereinfachung ist die ersatzlose Streichung des Tatbestandes "Ersatzanspruch" in § 3 ErbStG anzusehen. Dies war schon mit der Vorlage des Referentenentwurfs zum UntErlG 2007 vom 18.10.2006 vorgesehen.

3.3 Problemfälle

 

Rz. 222

Für den Fall einer fehlenden letztwilligen Berücksichtigung führt z. B. die erbrechtliche Gleichstellung eines nichtehelichen Kindes (K) mit z. B. zwei ehelichen Kindern (Tochter (T) und Sohn (S)) eines Erblassers dazu, dass T, S und K nach dem Tode des Erblassers eine Miterbengemeinschaft nach den §§ 1922 Abs. 1, 2032 ff. BGB begründen und in dieser Eigenschaft die dingliche Rechtsnachfolge in den Nachlass antreten würden.

 

Rz. 223

Sollten hingegen in einem Testament nur die ehelichen Kinder S und T als alleinige Erben des vorhandenen Nachlassvermögens benannt sein und gelangt man zu keiner anderen erbrechtlichen Bewertung (so käme hier z. B. eine Anfechtung des K nach § 2079 BGB in Betracht), so gilt das nichteheliche Kind (K) als enterbt. Damit ist allerdings ein Pflichtteilsanspruch des K nach den §§ 2303 Abs. 1, 2317 BGB verbunden, der wertmäßig auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils gerichtet ist. Der gesetzliche Erbteil wiederum beträgt gem. § 1924 Abs. 4 BGB bei drei gleich erbberechtigten Kindern ein Drittel (= gesetzliche Erbquote), der Pflichtteil des nichtehelichen K beläuft sich demnach auf ein Sechstel.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?