Ausgewählter Literaturhinweis:
Daragan, Die Auflage als erbschaftsteuerliches Gestaltungsmittel, DStR 1999, 393.
Ausgewählte Rechtsprechung:
BFH vom 17.02.1993, BStBl II 1993, 523;
BFH vom 13.10.1993, BStBl II 1994, 128;
BFH vom 20.01.2005, BStBl II 2005, 408.
Rz. 580
Des Weiteren gilt als Schenkung unter Lebenden, was infolge der Vollziehung einer von dem Schenker angeordneten Auflage oder infolge der Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG stellt insoweit eine Parallelvorschrift zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG dar.
Rz. 581
Bei einer Schenkung unter Auflage sind zwei freigebige Zuwendungen miteinander verbunden: Zum einen die Zuwendung an den Auflagenbeschwerten und zum anderen die Zuwendung an den Auflagenbegünstigten durch Vollziehung der Auflage. Es liegen somit zwei steuerpflichtige Vorgänge vor, die trotz ihrer Verknüpfung einzeln zu betrachten sind. Für die Besteuerung des Auflagenbegünstigten ist daher die Besteuerung des Auflagenbeschwerten unbeachtlichen. Der Auflagenbeschwerte kann die Auflage bereicherungsmindernd geltend machen
Rz. 582
§ 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG behandelt nicht die Besteuerung des Auflagenbeschwerten, die sich nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG richtet, sondern regelt lediglich die Besteuerung des auflagenbegünstigten Dritten. Sofern die Auflage zugunsten eines unpersönlichen Zweckes angeordnet ist, also eine Zweckzuwendung darstellt (Einzelheiten s. § 8 Rn. 8 ff.), ist diese nach § 8 ErbStG zu versteuern (ebenso Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 295; undeutlich Weinmann in M/W, § 7 Rn. 200).
Rz. 583
Im Regelfall besteht bei freigebigen Zuwendungen unter Auflage ein Dreiecksverhältnis. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG regelt lediglich die Besteuerung im Valutaverhältnis. Aber auch hier liegt kein vollständiges und ausschließliches Regelungsprogramm vor. Zur Abgrenzung zwischen § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterscheidet der BFH (Urteile vom 17.02.1993, BStBl II1993, 523; vom 20.01.2005, BStBl II 2005, 408) danach, ob dem auflagenbegünstigten Dritten unmittelbar ein eigenes Forderungsrecht gegen den Auflagenbeschwerten verschafft wird oder nicht. Liegt ein unmittelbares Forderungsrecht des auflagenbegünstigten Dritten vor, wovon infolge der Regelung des § 330 Satz 2 BGB im Regelfall auszugehen ist, so richtet sich die Besteuerung des Auflagenbegünstigten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Zuwendungsgegenstand ist dann ein Forderungsrecht, nicht die infolge der Auflage zu übertragende Sache. Die Besteuerung richtet sich nach dem Verhältnis zwischen Zuwendendem (in der Terminologie der Dreiecksverhältnisse: Versprechensempfänger, s. Rn. 491) und auflagenbegünstigtem Dritten. Erhält hingegen der Auflagenbegünstigte kein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Auflagenbeschwerten, sondern hat lediglich der Zuwendende (Versprechensempfänger) gegenüber dem Auflagenbeschwerten einen Anspruch auf Vollzug der Auflage (§ 525 BGB), so ergibt sich die Besteuerung des Auflagenbegünstigten aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Auch hier richtet sich die Besteuerung allerdings nach dem Verhältnis zwischen Zuwendendem (Versprechensempfänger) und Auflagenbegünstigtem.
Rz. 584
Diese Differenzierung hat Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Versteuerung beim auflagenbegünstigten Dritten. Erhält dieser unmittelbar ein Forderungsrecht gegen den Auflagenbeschwerten, ist die Zuwendung im Zeitpunkt der Begründung des Forderungsrechts ausgeführt und die Schenkungsteuer fällt an (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Fehlt es hingegen an einem entsprechenden Forderungsrecht, so ist die freigebige Zuwendung erst mit tatsächlichem Vollzug der Auflage ausgeführt. Diese Unterscheidung eröffnet Gestaltungsspielräume. So kann bei entsprechender Gestaltung erreicht werden, dass der Auflagenbeschwerte die Auflage sofort bereicherungsmindernd abziehen kann, während die Schenkungsteuer beim Auflagenbegünstigten erst bei Vollzug der Auflage anfällt.
Großmutter G überträgt ihrer Tochter M ein Mietwohngrundstück mit der Auflage (Nießbrauch), 30 % der Vermietungseinkünfte an die Enkelin E weiterzuleiten, damit diese im Ausland studieren kann.
Lösung:
Im Deckungsverhältnis (G-M) liegt eine Grundstücksschenkung unter Duldungsauflage (Nießbrauch der E) vor. Die Auflage ist bei M bereicherungsmindernd abzugsfähig, wobei allerdings § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG zu berücksichtigen ist.
Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass E ein eigenes Forderungsrecht erhalten sollte, ist die Zuwendung im Valutaverhältnis (G-E) erst mit Vollzug der Auflage (Übertragung der anteiligen Vermietungseinkünfte) vollzogen. Erst mit diesem Zeitpunkt liegt eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG vor. Diese ist von E im Verhältnis zu G zu versteuern.
Rz. 585
Von Schenkungen unter Auflagen sind des Weiteren Schenkungen mit Weitergabeverpflichtung und Kettenschenkungen (s. Rn. 270 ff.) zu unterscheiden. Währe...