Rz. 19
Gerichte sind Organe der Rechtsprechung. Notare sind unabhängige Träger eines öffentlichen Amts und u. a. für die Beurkundung von Rechtsvorgängen zuständig.
3.2.1 Anzeigepflicht kraft ErbStG
Rz. 20
Die Gerichte und die Notare haben die von ihnen vorgenommene Erteilung von Erbscheinen, Testamentsvollstreckerzeugnissen und Zeugnissen über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft, die Beschlüsse über Todeserklärungen, die Anordnung von Nachlasspflegschaften und Nachlassverwaltungen, die eröffneten Verfügungen v.T.w., die abgewickelten Erbauseinandersetzungen, die beurkundeten Vereinbarungen der Gütergemeinschaft sowie die beurkundeten Schenkungen und Zweckzuwendungen dem jeweils zuständigen FA anzuzeigen. § 34 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ErbStG enthält eine beispielhafte Aufzählung bestimmter Beurkundungen, die nach Ansicht der FinVerw jedoch nicht abschließend ist. Anzeigepflichtig sind sämtliche Vorgänge von potenziell erbschaft- und schenkungsteuerrechtlicher Relevanz, wobei es ausreichend ist, dass ein Rechtsvorgang eine Steuerpflicht nach dem ErbStG auslösen kann. Hierzu zählt ggf. auch eine bloße Unterschriftsbeglaubigung (§ 39 BeurkG), insb. wenn der Notar die Urkunde entworfen hat.
Rz. 21
Allgemeine Beschreibung der einzelnen Aufgabenbereiche |
Aufgabe |
Inhalt |
Erbschein |
Amtliche Urkunde, die für den Rechtsverkehr feststellt, wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen dieser unterliegt. |
Testamentsvollstreckerzeugnis |
§ 2368 BGB – Zeugnis über die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht |
Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft |
§ 1507 BGB – Zeugnis für den überlebenden Ehegatten über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft (s. § 4 Rn. 30 ff.) durch das Nachlassgericht |
Beschluss über Todeserklärung |
Durch den Beschluss wird z. B. ein Vermisster zu dem festgestellten Zeitpunkt für tot erklärt (damit Eintritt der Erbfolge). |
Anordnung einer Nachlasspflegschaft |
§§ 1960, 1961 BGB – Bestellung eines Nachlasspflegers zur Sicherung des Nachlasses |
Anordnung einer Nachlassverwaltung |
§ 1975 BGB – Durch das Nachlassgericht auf Antrag angeordnete Verwaltung des Nachlasses zur Befriedigung der Nachlassgläubiger. Beschränkung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass. |
Verfügung v.T.w. |
Bestimmung der Erbfolge durch den Verstorbenen, z. B. mittels Testament |
Erbauseinandersetzung |
Verteilung des Nachlasses |
Vereinbarung der Gütergemeinschaft |
Eingehung des vertraglichen Güterstandes der Gütergemeinschaft bei Ehegatten |
Rz. 22
Dabei wird sich in Anbetracht der Zielrichtung des Gesetzgebers und der in § 34 Abs. 1 ErbStG gesetzlich allgemein gehaltenen Formulierung einer anzeigepflichtigen "Beurkundung" die Verpflichtung auch auf Vorgänge erstrecken, bei denen der Notar lediglich eine Unterschrift beglaubigt.
Rz. 23–25
vorläufig frei
3.2.2 Anzeigepflicht kraft ErbStDV
Rz. 26
Einzelheiten zur weiteren Ausgestaltung der vielfältigen Anzeigepflichten für Gerichte und Notare sind in den §§ 6 bis 8 ErbStDV geregelt.
3.2.2.1 Erbfälle
Rz. 27
Bei Todeserklärungen ist eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses zu übersenden und spätere Anfechtungen oder Aufhebungen sind mitzuteilen (ausgenommen Kriegsgefangene/NS-Opfer und Todeszeitpunkt vor dem 01.01.1946).
In Erbfällen sind beglaubigte Abschriften verschiedener Verfügungen und Schriftstücke (z. B. eröffnete Testamente, Erbscheine, Europäische Nachlasszeugnisse, Testamentsvollstreckerzeugnisse, Beschlüsse über die Einleitung und Aufhebung einer Nachlasspflegschaft oder -verwaltung, Vereinbarungen über die Abwicklungen von Erbauseinandersetzungen) mit einem Vordruck nach Muster 5 der ErbStDV zu übersenden:
Muster 5 (§ 7 ErbStDV)
Rz. 28
Diverse Angaben wie z. B. Beruf, Güterstand, Verwandtschaftsverhältnisse (ggf. Ehegatte/Lebenspartner), Höhe und Zusammensetzung des Nachlasses, sollen nur mitgeteilt werden, soweit sie bekannt sind. Dies dient dem besseren Überblick der FinVerw über eine möglicherweise vorzunehmende Steuerfestsetzung.
Rz. 29
Auf eine Meldung wird verzichtet (§ 7 Abs. 4 ErbStDV), wenn
- die berechtigte Annahme besteht, dass außer Hausrat (einschließlich Wäsche und Kleidungsstücken) i. H. v. nicht mehr als 12.000 EUR nur noch anderes Vermögen im reinen Wert von nicht mehr als 20.000 EUR vorhanden ist (ab 01.01.2011, vorher jeweils 5.200 EUR), oder
- der Erbschein lediglich zur Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund des Lastenausgleichsgesetzes beantragt und dem Ausgleichsamt unmittelbar übersandt worden ist (s. § 13 Rn. 167) oder
- wenn seit dem Zeitpunkt des Todes des EL mehr als zehn Jahre vergangen sind (ausgenommen bei Anzeigen über die Abwicklung von Erbauseinandersetzungen).
Rz. 30–31
vorläufig frei
3.2.2.2 Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden
Rz. 32
Bei Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden (s. § 8 ErbStG) sind beglaubigte Abschriften der Urkunden (z. B. Schenkungsurkunde, vorzeitige Löschung eines Nießbrauchs, Änderung von Gesellschaftsverträgen, Vereinbarungen der Gütergemeinschaft) unter Angabe des der Kostenberechnung zugrunde gelegten Werts mit einem Vordruck nach Muster 6 der ErbStDV zu übersenden:
Muster 6 (§ 8 ErbStDV)
Rz. 33
Diese Verpflichtung ...