Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 43
Nach § 27 ErbbauVO hat der Erbbauverpflichtete vorbehaltlich anderweitiger Vertragsvereinbarungen dem Erbbauberechtigten bei Ablauf des Erbbaurechtsvertrags eine Entschädigung zu zahlen, die sich nach dem Verkehrswertanteil des Gebäudes bemisst. In diesem Fall entspricht der Grundbesitzwert des Erbbaugrundstücks dem nach § 194 Abs. 3 BewG ermittelten Bodenwertanteil.
Geht jedoch nach Ablauf des Erbbaurechtvertrags der verbleibende Gebäudewert ohne Vollentschädigung oder nur durch Teilentschädigung über, so ist der Bodenwertanteil um einen Gebäudewertanteil zu erhöhen (§ 194 Abs. 2 Satz 2 BewG); dies entspricht dem finanziellen Vorteil, den der Erbbauverpflichtete dadurch erlangt, dass er keine oder nur eine Teilentschädigung zu zahlen hat.
Rz. 44
Nach § 194 Abs. 4 BewG ist der Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks entweder der Gebäudeertragswert (Ertragswertverfahren) oder der Gebäudesachwert (Sachwertverfahren), der dem Erbbauverpflichteten bei Beendigung des Erbbaurechts entschädigungslos zufallen wird. Er ist (aus Sicht des aktuellen Bewertungsstichtags) auf den Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts (und damit fiktiv auf einen Zeitpunkt in der Zukunft) zu ermitteln und auf den Bewertungsstichtag nach Anlage 26 zum BewG abzuzinsen.
Rz. 45
Bei dieser Berechnung ist hinsichtlich des Rohertrags nach § 186 BewG sowie der Regelherstellungskosten nach § 190 Abs. 1 BewG vom gleichen Betrag wie am Bewertungsstichtag auszugehen. Beim Ansatz der pauschalierten Bewirtschaftungskosten gemäß § 187 BewG i. V. m. Anlage 23 BewG im Ertragswertverfahren und der Ermittlung der Alterswertminderung i. R.d. Gebäudesachwertermittlung nach § 190 Abs. 2 bzw. Abs. 4 BewG ist auf den Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts abzustellen. Die Mindestrestnutzungsdauer i. S. d. § 185 Abs. 3 Satz 5 BewG (Ertragswertverfahren) und der Mindestgebäudewert i. S. d. § 190 Abs. 2 Satz 4 bzw. Abs. 4 Satz 5 BewG (Sachwertverfahren) sind dabei zu beachten.
Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang insb., dass dem "fiktiven" Gebäudewertanteil bspw. die aktuellen Jahresmieten (Ertragswertverfahren) oder die aktuellen Regelherstellungskosten (Sachwertverfahren) zugrunde gelegt werden müssen.
Verbleibt i. R.d. Ertragswertverfahrens bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts nach Abzug der Bodenwertverzinsung vom Grundstücksreinertrag kein oder ein negativer Betrag, ist der Gebäudeertragswert mit 0 EUR anzusetzen (R B 194 Abs. 5 Satz 7 ErbStR).
Rz. 46
Befindet sich das Erbbaurecht im Zustand der Bebauung, stellt der ggf. bei Ablauf des Erbbaurechts nicht entschädigte und auf den Bewertungsstichtag abgezinste Anteil der am Bewertungsstichtag für die sich im Bau befindlichen Gebäude bzw. Gebäudeteile entstandenen Herstellungskosten den Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks dar (R B 194 Abs. 5 Satz 8 ErbStR).
Rz. 47
Der gem. § 194 Abs. 4 BewG anzuwendende Abzinsungsfaktor ergibt sich aus Anlage 26 zum BewG; er ist abhängig vom angewandten Liegenschaftszinssatz und der auf volle Jahre abgerundeten Restlaufzeit des Erbbaurechts. Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, ist der Abzinsungsfaktor 1 anzuwenden. Gibt der Gutachterausschuss andere Zinssätze als die in der Anlage 26 zum BewG aufgeführten vor, ist der Abzinsungsfaktor nach der dort angegebenen Formel zu berechnen.
Rz. 48
Ist das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut, besteht der Grundbesitzwert des Erbbaugrundstücks allein im Bodenwertanteil nach § 194 Abs. 3 BewG (R B 194 Abs. 2 Satz 2 ErbStR).
Rz. 49
Eine Berücksichtigung weiterer wertbeeinflussender Umstände, bspw. vom Üblichen abweichende Auswirkungen vertraglicher Vereinbarungen, insb. die Berücksichtigung von fehlenden Wertsicherungsklauseln oder der Ausschluss einer Anpassung des Erbbaurechtsvertrags sowie die Anwendung von Marktanpassungsfaktoren, sieht das Gesetz i. R.d. § 194 BewG nicht vor.
Rz. 50
Die Öffnungsklausel für Grundstücke ist in der zentralen Vorschrift des § 198 BewG geregelt. Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts ist demnach für das nach § 194 BewG bewertete Erbbaugrundstück möglich. Der Nachweis kann nicht allein für den Bodenwert- oder (ggf.) Gebäudewertanteil geführt werden, sondern ist nach dem (eindeutigen) Wortlaut des § 198 BewG nur für die (gesamte) wirtschaftliche Einheit "Erbbaugrundstück" zu führen (interessant insb. wegen Berücksichtigung von regionalen Marktanpassungsfaktoren oder fehlender Wertsicherungsklausel im Erbbauvertrag).
Zu Einzelheiten i.R.d. Öffnungsklausel vgl. die dortige Kommentierung.