Rz. 27
Die Ehegatten bzw. Lebenspartner können in einem Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsvertrag nach § 1408 Abs. 1 BGB bzw. § 7 LPartG Vereinbarungen über die Ermittlung des Ausgleichsanspruchs treffen. Dabei kann der Ausgleichsanspruch auch erhöht werden, weil die §§ 1373 bis 1383 und 1390 BGB dispositives Recht darstellen. Fraglich ist, ob und gegebenenfalls welche zivilrechtlichen Vereinbarungen auch in steuerlicher Hinsicht wirksam sind. So können Ehegatten bzw. Lebenspartner grds. vertraglich bestimmen, dass ein abweichendes Anfangs- oder Endvermögen oder ein abweichender Zeitpunkt zur Vermögensbewertung maßgebend ist, der Kaufkraftschwund unberücksichtigt bleiben soll, bestimmtes Vermögen, meist Betriebsvermögen, vom Zugewinnausgleich ausgenommen bleiben soll, die Ausgleichsquote von 50 % erhöht oder verringert wird oder vereinfachte Regeln zur Ermittlung des Zugewinnausgleichs gelten sollen. Erbschaftsteuerlich könnten Veränderungen in der Berechnung des Zugewinnausgleichs zu höheren steuerfreien Zugewinnausgleichsforderungen führen (vgl. Weinmann in M/W, § 5 Rn. 38a).
Rz. 28
Aber auch ohne Abschluss eines Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsvertrags kann die Ermittlung des Anfangsvermögens durch die Vermutungen des § 1377 BGB erleichtert werden. Liegt ein Verzeichnis der Eheleute bzw. Lebenspartner zum Anfangsvermögen vor, wird vermutet, dass dieses richtig ist. Wurde kein Verzeichnis erstellt, wird vermutet, dass das jeweilige Endvermögen eines Ehegatten bzw. Lebenspartners seinen Zugewinn darstellt. Wie die vertraglichen Bestimmungen zur Berechnung des Zugewinnausgleichs räumt § 1377 BGB den Ehegatten bzw. Lebenspartnern sehr weitgehende Gestaltungsbefugnisse bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs ein (so auch Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 25). Die FinVerw hatte bereits in Tz. 2.1 Buchst. a. des Einführungserlasses (vom 10.03.1976, BStBl I 1976, 145) eine Bindung der Steuerverwaltung an die Vermutungen des § 1377 BGB und an "ehevertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Berechnung der Ausgleichsforderung" abgelehnt. Gestaltungsmöglichkeiten zur Minimierung der Erbschaftsteuer sollten ausgeschlossen werden (vgl. Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 25 und Weinmann in M/W, § 5 Rn. 40).
Rz. 29
Der BFH differenzierte in seiner Rspr. allerdings deutlich zwischen vertraglichen Gestaltungen und den Vermutungen des § 1377 BGB. Er bestätigte die Auffassung der Verwaltung zu den Vermutungen, insb. zu der Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB, und begründete die fehlende Bindung der FinVerw an die Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB mit dem Vorrang des tatsächlich zu ermittelnden Anfangsvermögens (BFH vom 08.02.1984, BStBl II 1984, 438). Die steuerlichen Wirkungen der (ehe-)vertraglichen Vereinbarungen über den Zugewinnausgleichsanspruch beurteilte er dann entgegengesetzt. So bestätigte er in seiner Entscheidung vom 28.06.1989 (BStBl II 1989, 897) die Möglichkeit der Beteiligten, sich über die Modalitäten zur Ermittlung des Anfangsvermögens frei zu verständigen. In der Folgeentscheidung vom 12.05.1993 (BStBl II 1993, 739) knüpfte der BFH an seine vorherige Rspr. an und urteilte, dass die Beteiligten sogar kurz vor Tod – hier zwei Monate – den Güterstand der Zugewinngemeinschaft rückwirkend auf den Beginn der Ehe zivilrechtlich und auch steuerlich wirksam vereinbaren konnten. Begründet hatte der BFH seine Entscheidung mit dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, der keine ausdrücklichen Beschränkungen enthielt, die Vereinbarungen über die Ermittlung des Anfangsvermögens ausschließen könnten. Es wurde daraufhin allerdings bemängelt, dass der BFH – möglicherweise zu Recht – die Frage unberücksichtigt gelassen hatte, ob die Verweisung in einem Steuergesetz auf materielles bürgerliches Recht nicht der spezifischen Zielsetzung des Steuergesetzes entsprechend ausgelegt werden müsste. So sei mit der Zielsetzung des § 5 Abs. 1 ErbStG ein nahezu grenzenloser Gestaltungspielraum nicht ohne weiteres verträglich (so Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 25).
Nach den beiden Urteilen des BFH sah die FinVerw keine Möglichkeit mehr, ihre enge Auffassung aufrecht zu halten und nahm den Nichtanwendungserlass zum ersten Urteil durch Erlass vom 07.09.1993 zurück (BStBl I 1993, 804). Daraufhin sah sich der Gesetzgeber gezwungen, den Gestaltungen eine Grenze zu setzen und fügte durch das StMBG vom 21.12.1993 die Sätze 2 bis 4 in § 5 Abs. 1 ErbStG ein (vgl. Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 25; Weinmann in M/W, § 5 Rn. 40). § 5 Abs. 1 Satz 2 ErbStG bestimmt nun für Fälle, in denen die Steuer nach dem 31.12.1993 entsteht, dass von den zivilrechtlichen Regelungen der §§ 1373 bis 1383 und 1390 BGB abweichende Vereinbarungen i. R.d. erbschaftsteuerlichen Beurteilung nicht mehr berücksichtigt werden können. Die Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB ist vollständig ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 ErbStG). Obwohl § 5 Abs. 1 Satz 2 ErbStG bereits ausschließt, dass Ehegatten bzw. Lebenspartner den Zeitpunkt des Eintritts der Zugewinngemeinschaft (steuergünstig) vorverlegen, regelt § 5 A...