Rz. 224

Im Unterschied zum Erbanfall (1. Grundtatbestand = Synonym für die Gesamtrechtsnachfolge) liegt beim Vermächtnis eine Einzelzuwendung von Todes wegen vor. Anders als die Auflage (s. § 2192 BGB) begründet das Vermächtnis einen Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben bzw. gegen die Miterbengemeinschaft (s. § 2147 BGB) auf Übereignung und Herausgabe des Vermächtnisgegenstandes. Im seltenen Fall kann auch ein (weiterer) Vermächtnisnehmer Schuldner des Herausgabeanspruchs sein (Untervermächtnis, s. § 2186 BGB).

 

Rz. 225

Als Hauptanwendungsformen kann der Erblasser nicht nur Geld- und Rentenvermächtnisse zu Gunsten des Vermächtnisnehmers anordnen. Er kann auch gegenständliche Direktzuwendungen vornehmen, wonach ein bestimmter Nachlassgegenstand aus dem Nachlass an die bedachte Person auszukehren ist (sog. "Stück- oder Sachvermächtnis". Schließlich kann auch ein Gattungsvermächtnis verfügt werden, wonach ein der Gattung nach bestimmter Gegenstand von den Erben herauszugeben ist.

 

Rz. 226

Eher seltener trifft man auf die Verpflichtung der Erben, für den Vermächtnisnehmer einen nicht zum Nachlass gehörenden Gegenstand zu erwerben, sog. "Verschaffungsvermächtnis".

In der erbschaftsteuerlichen Auswirkung ist das Vermächtnis zweimal zu berücksichtigen:

 

Rz. 226a

Hinweis: Hinsichtlich der Abziehbarkeit von Vermächtnissen i. V. m. der Übergabe privilegierten Vermögens entschied der BFH mit Urteil vom 22.07.2015, BeckRS 2015, 95477, dass der Wert eines auf Zahlung von Geld gerichteten Untervermächtnisses auch dann in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist, wenn der vermächtnisweise Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft nach § 13a ErbStG begünstigt ist (§ 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG ist insoweit nicht anwendbar).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?