Rz. 70
Die Ehegatten bzw. Lebenspartner müssen nicht im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Sie können auch vertraglich vereinbaren, dass sie ab Begründung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft oder erst später im Güterstand der Gütergemeinschaft oder -trennung leben wollen.
Wird Gütergemeinschaft vereinbart, geht das Einzelvermögen der Ehe- bzw. Lebenspartner mit Ausnahme des Sonder- und Vorbehaltsguts in Gemeinschaftseigentum über (§§ 1415 ff. BGB). Ein schenkungsteuerbarer Erwerb liegt immer dann vor, wenn einer der beiden Ehe- bzw. Lebenspartner durch den Erwerb von Gemeinschaftseigentum bereichert ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG; Einzelheiten s. § 7 Rn. 593 ff.). Dies ist grds. immer dann der Fall, wenn einer der beiden Ehe- bzw. Lebenspartner vor der Vereinbarung der Gütergemeinschaft weniger Vermögen als der andere Partner hatte. Hatten die Ehe- bzw. Lebenspartner hingegen gleich große Vermögen, welche sie in das Gesamtgut einbringen, fehlt es an einem steuerbaren Erwerb. Dies gilt auch dann, wenn im Anschluss an eine Zugewinngemeinschaft der Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart wird und das Anfangsvermögen der Eheleute gleich groß war. Entsteht bei einem solchen Wechsel aber eine Zugewinnausgleichsforderung, stellt diese keinen steuerbaren Erwerb dar (FG Münster vom 09.01.1992, EFG 1993, 587; vgl. Weinmann in M/W, § 5 Rn. 73). Wird Vorbehaltsgut später in Gesamtgut umgewandelt, kann dies der Schenkungsteuer unterliegen. Weil sich hier die Schenkungsteuerpflicht nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, sondern nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG richtet, setzt die Steuerpflicht aber den Willen zur Unentgeltlichkeit voraus. Auch bei der Umwandlung von Vorbehalts- in Gesamtgut können die persönlichen Freibeträge alle zehn Jahre erneut in Anspruch genommen werden (§ 14 ErbStG; s. § 7 Rn. 615 sowie Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 53).
Rz. 71
Vor der Erbschaftsteuerreform 2009 konnten eingetragene Lebenspartner die Gütergemeinschaft schenkung- und erbschaftsteuerfrei vereinbaren (so auch Reich, FPR 2005, 299; a. A. FinMin Bayern vom 15.07.2005, ZEV 2005, 477). Denn § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist seinem Wortlaut nach erst seit dem 01.01.2009 auch auf Lebenspartner anwendbar. Zuvor waren vom Anwendungsbereich der Norm nur Ehegatten erfasst. Bevor die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG a. F. für Ehegatten geschaffen wurde, unterlag nach der früheren BFH-Rspr. auch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten nicht der Schenkungsteuer, wenn die Ehegatten güterrechtliche und nicht (im Ausnahmefall) erbrechtliche Wirkungen herbeiführen wollten (BFH vom 29.01.1964, BStBl III 1964, 202). Bei Übertragung dieser Grundsätze muss die Erstreckung des Wortlauts des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auf Lebenspartner als konstitutiv anzusehen sein.
Rz. 72
Der Güterstand der Gütertrennung unterscheidet sich von der Zugewinngemeinschaft dadurch, dass bei Beendigung der Gütertrennung keine Ausgleichsverpflichtung entsteht. Die Vermögen bleiben insgesamt getrennt. Zur Vereinbarung der Gütertrennung durch Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsvertrag reicht es aus, dass der gesetzliche Güterstand ausgeschlossen oder aufgehoben wurde, der Zugewinn- oder der Versorgungsausgleich ausgeschlossen oder die Gütergemeinschaft aufgehoben wird (vgl. Budzikiewicz in Jauernig, § 1414 BGB Rn. 1 f.). Wird die Gütertrennung zu Beginn der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft vereinbart, liegt grds. keine schenkungsteuerbare Zuwendung des potenziell ausgleichsberechtigten Ehepartners vor, da der künftige Zugewinnausgleichsanspruch eine unsichere "Exspektanz" darstellt. Eine bei Vereinbarung der Gütertrennung für den Fall der Scheidung vereinbarte Ausgleichszahlung für den Verzicht auf Scheidungsfolgen kann im Fall einer individuell vereinbarten "Bedarfsabfindung" zudem im Einzelfall als nicht steuerbare Zuwendung gewertet werden (BFH vom 01.09.2021, DStR 2022, 148). Wird die Gütertrennung erst nach Begründung der Ehe oder Lebenspartnerschaft vereinbart, kann es zu einem steuerbaren Erwerb kommen, wenn dabei auf einen Ausgleichsanspruch aus der bisherigen Zugewinngemeinschaft verzichtet wird. Der Verzicht kann eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein (R E 5.2 Abs. 1 Satz 2 ErbStR; vgl. Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 54). Eine freigebige Zuwendung kommt allerdings dann nicht in Betracht, wenn auf den Ausgleichsanspruch verzichtet wird, bevor dieser entstanden ist. Denn der Verzicht auf ein noch nicht endgültig entstandenes Recht stellt noch keine Schenkung dar (so auch Hannes/Holtz in M/H/H, § 5 Rn. 46 und Gottschalk in T/G/J/G, § 5 Rn. 298). Teilweise wird eine Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verneint, da es stets an einem Bereicherungswillen fehle, weil der Verzicht der rechtlichen Ordnung der ehelichen Lebensgemeinschaft diene (vgl. Geck in K/E, § 5 Rn. 79). Allerdings dürfte dieser Ansicht seit der Rspr. des BFH zur schenkungsteuerlichen Behandlung sog. unbenannter oder ehebedingter Zuwendungen (BFH vom 02.03.1994, BStBl II 1994,...