Rz. 597
Mit dem Erbschaftsteuergesetz 1974 hat der Gesetzgeber die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eingefügt und damit zum Ausdruck gebracht, dass güterrechtliche Motive, denen ein Vermögenstransfer bei der Begründung des Güterstandes der Gütergemeinschaft zugrunde liegt, schenkungsteuerlich eine freigebige Zuwendung des einen Ehegatten an den anderen Ehegatten nicht hindern. Nach der Rechtsprechungsänderung des BFH zu unbenannten ehebedingten Zuwendungen vom 02.03.1994 (BStBl II 1994, 366; Einzelheiten s. Rn. 460 und s. Rn. 517 ff.) ist insoweit auch wieder ein Gleichlauf zwischen unbenannten ehebedingten Zuwendungen, die § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterfallen, und Vermögensverschiebungen im Rahmen von Vermögenstransfers durch Begründung des Güterstandes der Gütergemeinschaft gegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG war notwendig, da die Besteuerung des Vermögenstransfers als freigebige Zuwendung regelmäßig an der nach der damaligen Rechtsprechung noch erforderlichen Bereicherungsabsicht des reicheren Ehegatten scheiterte (s. Weinmann in M/W, § 7 Rn. 206).
Rz. 598
§ 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erfasst die Bereicherung desjenigen Ehegatten, der nach der Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft durch die Begründung desselben mehr Vermögen innehat als zuvor. Bereichert durch die Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft ist daher der weniger vermögende Ehegatte. Da Sondergut und Vorbehaltsgut auch nach Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft jeweils im Vermögen des betreffenden Ehegatten verbleiben, ergibt sich die Bereicherung aus der Hälfte der Differenz des von jedem Ehegatten in das Gesamtgut eingebrachten Vermögens (Einzelheiten zur Berechnung s. Rn. 608 ff.). Soweit später Vorbehaltsgut durch Änderung des Ehevertrages in Gesamtgut "umgewandelt" wird, greift § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht ein. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die lediglich auf die Begründung der Gütergemeinschaft abstellt, aber auch durch den in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG aufgenommenen Hinweis auf § 1415 BGB, der ebenfalls nur die Begründung der Gütergemeinschaft regelt. (ebenso Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 109; Weinmann in M/W, § 7 Rn. 209; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 309; Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 138; a. A.; Felix, KÖSDI 1981, 4284). Schließlich spricht hierfür auch noch die Anzeigepflicht der Notare nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG, die sich nur auf die Vereinbarung der Gütergemeinschaft bezieht (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 109). Dies schließt allerdings nicht aus, dass eine Umwandlung von Vorbehaltsgut in Gesamtgut als freigebige Zuwendung des einen Ehegatten an den anderen Ehegatten gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegen kann und wird vielmehr in Anbetracht der niedrigen Voraussetzungen beim subjektiven Tatbestand freigebiger Zuwendungen im Regelfall anzunehmen sein. Gleichwohl eröffnen sich hierdurch Gestaltungsmöglichkeiten (s. Rn. 615).
Rz. 599
Erhält ein Ehegatte während des Bestehens des Güterstands der Gütergemeinschaft Schenkungen unter Lebenden oder erwirbt er von Todes wegen Vermögen, so unterfällt dieses dem Gesamtgut, sofern der Zuwendende/Erblasser das übergehende Vermögen nicht ausdrücklich als Vorbehaltsgut bezeichnet hat. Gleichwohl ist das zugewandte Vermögen aus Sicht des Zuwendenden bzw. Erblassers nicht für den anderen Ehegatten, der lediglich kraft Gesetzes miterwirbt, bestimmt. Die Mitbereicherung des anderen Ehegatten kann daher keine Schenkungsteuer auslösen. Diese Beurteilung wird auch von der Finanzverwaltung geteilt, die in R E 7.6 Abs. 3 ErbStR ausführt:
Rz. 600
"Es besteht keine Vermutung dafür, dass Zuwendungen an nur einen Ehegatten von Todes wegen oder unter Lebenden gleichzeitig auch für den anderen Ehegatten mitbestimmt sind. Das gilt auch dann, wenn die Ehegatten in Gütergemeinschaft leben und die Zuwendung in das Gesamtgut fällt. Dass hier der Erblasser oder Schenker die Möglichkeit hat, die Zuordnung zum Vorbehaltsgut (§ 1418 Abs. 2 BGB) zu bestimmen, ändert nichts an dieser Beurteilung."
Rz. 601
Wird somit ein Ehegatte seitens Dritter bedacht und fällt das zugewandte Vermögen in das Gesamtgut, liegt darin weder eine freigebige Zuwendung des Dritten an den anderen (nicht bedachten) Ehegatten noch des (bedachten) Ehegatten an den (nicht bedachten) anderen Ehegatten.
Rz. 602
Sofern der Zuwendende beide Ehegatten bedenken will, was unter Umständen steuerrechtlich aus Progressionsgründen günstig sein kann, so sollte er bestimmen, dass die Zuwendung ins Vorbehaltsgut der beiden Ehegatten fällt.
Rz. 603
Der umgekehrte Fall, dass die Ehegatten eine Schenkung aus dem Gesamtgut vornehmen, stellt jeweils eine freigebige Zuwendung jedes einzelnen Ehegatten i. H. d. hälftigen Werts der Gesamtzuwendung dar (Weinmann in M/W, § 7 Rn. 211).
Rz. 604
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können zwar nach § 7 LPartG Gütergemeinschaft vereinbaren, waren aber bis 01.01.2009 erbschaftsteuerlich nicht den Ehegatten gleichgestellt, so dass § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG...