Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 109
Ausgehend vom grundsätzlich begünstigungsfähigen Vermögen gem. § 13b Abs. 1 ErbStG definiert § 13b Abs. 4 ErbStG das Verwaltungsvermögen. Das Verwaltungsvermögen ist grds. und vorbehaltlich der Unschädlichkeitsbeträge nicht begünstigt.
Ermittlung des begünstigten Vermögens
1. Stufe |
Begünstigungsfähiges Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) |
Inländisches Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften > 25 % |
2. Stufe |
Abgrenzung des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 3 und 4 ErbStG) |
Vermietete Grundstücke, Anteile an KapG ≤ 25 %, Kunstgegenstände u.ä., Wertpapiere und vergleichb. Forderungen, Altersversorgungsverpfl. |
3. Stufe |
Finanzmitteltest (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) |
Zahlungsmittel abzgl. Schulden, Abzug Sockelbetrag von 15 % (nur bei originär gewerblicher Tätigkeit) |
4. Stufe |
Berechnung des Nettowerts des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 6 ErbStG) |
Kürzung Verwaltungsvermögen um nach Finanzmitteltest verbleibende anteilige Schulden (quotale Schuldenzuordnung) |
5. Stufe |
Unschädliches Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 ErbStG) |
Minderung Nettowert Verwaltungsvermögen um 10 % des Nettowerts des begünstigten Vermögens |
6. Stufe |
Ermittlung des begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) |
Gemeiner Wert begünstigungsfähiges Vermögen abzgl. Nettowert des Verwaltungsvermögens (gekürzt um unschädliches Verwaltungsvermögen) |
6.1 Überblick und Grundaussage des § 13b Abs. 4 S. 1 ErbStG
Rz. 110
Ab Mitte der 1990er-Jahre, d. h. mit dem Inkrafttreten der alten Begünstigungsregelung für Produktivvermögen (vgl. § 13a ErbStG a. F.), wurde im Rahmen der Nachfolgegestaltung immer wieder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, (nicht betriebsnotwendiges) Privatvermögen im Rahmen einer Betriebsoption zu sog. gewillkürtem Betriebsvermögen umzugestalten. Immer schon bestand die Möglichkeit, durch die Rechtsform der GmbH & Co. KG private Vorgänge aufgrund der gewerblichen Prägung oder der Abfärbetheorie nach § 15 Abs. 3 EStG zu betrieblichen Geschäftsvorfällen umzufunktionieren und Privatvermögen in Betriebsvermögen umzuwidmen (Hauptfall: gewerbliche Bauherren- und -erwerber-Modelle, gewerbliche Mietshäuser oder später auch die Cash-GmbH). Dieses nicht produktive Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und i. d. R. weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt, sollte nach der Zielsetzung dieses Gesetzes weitestgehend nicht begünstigt werden.
Rz. 111
Die gesetzestechnische Umsetzung der Zielrichtung mündete ursprünglich in den sog. 50 %-Test (bei der Grundoption Regelverschonung bzw. bei der Alternative Optionsverschonung der 10 %-Test) und hat zu § 13b Abs. 4 ErbStG in der bis 2016 geltenden folgenden Fassung geführt:
- Beträgt der Anteil des Verwaltungsvermögens mehr als 50 % vom gesamten Betriebsvermögen, dann ist das gesamte betroffene Betriebsvermögen von der Begünstigung ausgeschlossen.
- Beträgt der Anteil des Verwaltungsvermögens weniger als oder gleich 50 % vom gesamten Betriebsvermögen, dann ist das ganze Betriebsvermögen begünstigt unter der Voraussetzung, dass es sich zum maßgeblichen Zeitpunkt mindestens zwei Jahre im Betrieb befunden hat.
Rz. 112
Das Bundesverfassungsgericht stellte mit seinem Urteil vom 17.12.2014 die Verfassungswidrigkeit der Verschonungsreglungen des Erbschaftsteuergesetzes fest., da die §§ 13a und 13b ErbStG gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG verstießen. Unter anderem hielten die Richter den Verwaltungsvermögenstest für gleichheitswidrig, da der 50 %-Test dazu führt, dass ein Unternehmen, das die Schwelle knapp unterschreitet, anders behandelt wird als ein Unternehmen, das die Schwelle knapp überschreitet. Daraus folgte ein "Alles-oder-nichts"-Prinzip, wonach ein Unternehmen, welches die Grenze knapp unterschritt, in den Genuss der Begünstigung für das Betriebsvermögen inklusive des Verwaltungsvermögens kam, während im anderen Fall keine Begünstigung anfiel (Vgl. BVerfG vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, DStR 2015, 31, Rz. 231ff.)
Rz. 113
Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30.6.2016 zu treffen. Zu Beginn der Beratungen zum aktuellen Erbschaftsteuergesetz nahm das BMF die Abgrenzung zwischen begünstigungsfähigem und nicht verschonungsbedürftigem Vermögen nach dem Hauptzweck vor. Danach sollte ausnahmslos die Entscheidung danach getroffen werden, ob der jeweilige Gegenstand zum Hauptzweck des Unternehmens i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG gehört. Der Gesetzgeber ist in 2016 hiervon abgerückt und führt – leicht verändert – den Verwaltungsvermögens-Katalog fort. Außerdem ist die ursprüngliche Aussage, dass Geld als solches nicht als Verwaltungsvermögen behandelt wird, schon im Jahr 2013 einer neuen Beurteilung gewichen, die in § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG einem neuen Finanzmitteltest Platz gemacht hat. Der Finanzmitteltest in § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a a. F.) wurde neu eingefügt durch Art. 30 des AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013. Mit diesem wurde eine echte Neuerung mit dem Zie...