Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 163
Gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 b ErbStG führt eine Nutzungsüberlassung nicht zu Verwaltungsvermögen, wenn diese im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebes erfolgt und beim Verpächter zu Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit führen und
- der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
- die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Rz. 164
Begünstigter der ersten Variante ist der Erbe, auf den der Betrieb übergeht, wenn dieser bereits Pächter des Betriebs ist (R E 13b.15 Abs. 1 Nr. 1 ErbStR). Die Finanzverwaltung verzichtet in R E 13b.15 Abs. 1 Nr. 1 ErbStR auf das Tatbestandsmerkmal eines unbefristeten Pachtvertrags. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass sie im Zuge einer teleologischen Reduktion kein unbefristetes Pachtverhältnis fordert (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 111). Kommt es jedoch dazu, dass Pächter und Erbe auseinanderfallen, dann sind die Voraussetzungen der Rückausnahme nicht erfüllt, denn begünstigter Erwerber ist nur der Pächter. Dies gilt auch für eine Kapitalgesellschaft, da bei ihr das Trennungsprinzip zu beachten ist. Ist somit die Kapitalgesellschaft Pächterin des Grundstücks, begünstigter Erwerber hingegen der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft, liegen die Voraussetzungen nicht vor (BFH vom 23.02.2021, DStR 2021, 1753 (1756).
Rz. 165
Ferner ist kein Verwaltungsvermögen anzunehmen, wenn bei einer Schenkung unter Lebenden der Verpächter den Pächter im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat (R E 13b.15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStR). Ein unbefristeter Pachtvertrag ist ein Vertrag, für den keine Vertragsdauer vorgesehen ist, so dass die Beendigung des Vertrages grundsätzlich durch eine Kündigung zu erfolgen hat (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 110).
Rz. 166
Alternative 1 der Norm geht von der Erbeinsetzung durch letztwillige oder rechtsgeschäftliche Verfügung aus. Die Erbeinsetzung durch letztwillige Verfügung könnte jedoch zur Folge haben, dass nur der gewillkürte Erwerb von Todes wegen die Qualifizierung als Verwaltungsvermögen ausschließt, so dass die Rückausnahme beim freigiebigen Erwerb oder beim Erwerb aufgrund gesetzlicher Erbfolge nicht greift. Geck vertritt jedoch die Ansicht, dass auch freigiebige Zuwendungen die Annahme von Verwaltungsvermögen ausschließen, wenn im fiktiven Erwerbsfall durch Tod am Tag des Vollzugs der Schenkung der Beschenkte zugleich als Erbe im Wege der Universalsukzession den verpachteten Betrieb erworben hätte. Es sei nicht einzusehen, warum der Gesetzgeber gerade nur den fiktiven Erwerb von Todes wegen durch letztwillige Verfügung begünstigen wollte (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 111). Es sollte somit keinen Unterschied machen, ob der Pächter den Betrieb als eingesetzter Erbe, als Vermächtnisnehmer oder aufgrund gesetzlicher Erbfolge erhält (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 144). Was der Gesetzgeber hingegen unter rechtsgeschäftlicher Verfügung versteht, ist unklar, weil eine Erbeinsetzung durch rechtsgeschäftliche Verfügung ausgeschossen ist. Der Gesetzgeber kann damit nur eine Schenkung auf den Todesfall gemäß § 2301 BGB gemeint haben, obwohl diese nicht zu einer Erbeinsetzung führt, sondern nur zu einer lebzeitigen Zuwendung (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 113).
A hat sein Autohaus unbefristet an T verpachtet und T auch testamentarisch als Alleinerbin des Autohauses eingesetzt. Mit dem Tod des A erwirbt T das Autohaus.
Lösung:
Die Verpachtung an die Tochter führt nicht zum Vorliegen von Verwaltungsvermögen beim Erwerb des Autohauses.
Rz. 167
Bei der zweiten Alternative wird der Betrieb an einen Dritten verpachtet, da der Beschenkte noch nicht in der Lage ist, den Betrieb selbst zu führen, weil ihm beispielsweise die erforderliche Qualifikation fehlt und der Schenker im Hinblick darauf den verschenkten Betrieb für einen Übergangszeitraum von maximal zehn Jahren an einen Dritten verpachtet. Erfolgt die Schenkung an einen Minderjährigen, beginnt die Frist erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres (R E 13b.15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStR). Mit der Vollendung des 28. Lebensjahres soll der Beschenkte seine Ausbildung abgeschlossen haben und in der Lage sein, den Betrieb selbst zu führen. Die starre Grenze erscheint jedoch gerade in der heutigen Zeit als knapp bemessen in Anbetracht der Komplexität mancher Ausbildung, sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es für einen Unternehmensnachfolger sinnvoll ist, Berufserfahrung in einem "auswärtigen" Betrieb zu erlangen, bevor er das Familien...