Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 322
Allein die aufgezeigten gesetzlichen (gesellschaftsrechtlichen) Lösungen dokumentieren den Grundsatz, dass im Falle einer Kollision zwischen Erbrecht (Testament) und Gesellschaftsrecht der Grundsatz gilt, dass das Gesellschaftsrecht Vorrang vor dem Erbrecht hat. Das vom Gesellschaftsrecht zur Verfügung gestellte Arsenal an unterschiedlichen Nachfolgemöglichkeiten hat Vorrang vor der "lapidaren" Aussage des § 1922 BGB. Dies gilt erst recht bei mehreren Erben und nur einem Gesellschafter-Erben. Trotz dieser Aussage behält das Erbrecht die Hebel-Funktion. Die konkrete Nachfolgediskussion wird nur dann geführt, wenn der Anteil überhaupt vererblich gemacht wurde. Falls dies nicht der Fall ist, greifen die gesetzlichen Lösungen.
Rz. 323
Wichtiger ist aber eine zweite Dimension des gesellschaftsrechtlichen Vorrangs. Sind mehrere Erben vorhanden und gehört zum Nachlass eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, so würde bei Geltung des § 1922 BGB die Miterbengemeinschaft unmittelbare Nachfolgerin und damit Beteiligte an der Personengesellschaft des Erblassers werden. Um der Gefahr der sodann möglichen Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft als Partner der Personengesellschaft vorzubeugen, geht der Anteil des Erblassers immer im Wege der Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen auf die einzelnen Miterben über (Singularsukzession statt Universalsukzesssion; auch beschränkte Gesamtrechtsnachfolge genannt). Die Beteiligung fällt nicht in den noch ungeteilten Nachlass (so der BGH vom 03.07.1989, BGHZ 108, 187). Die Miterben übernehmen sofort und aufgeteilt die Gesellschafterposition des Erblassers (BGH vom 04.05.1983, NJW 1983, 2376). Dies bedeutet, dass z. B. das Kapitalkonto des Alt-Gesellschafters bei drei berufenen Miterben gesplittet wird und z. B. jeder von drei Erben in die aufgespaltene "Drittelstellung" des Erblassers bei der KG einrückt. Dies gilt unabhängig von der Eigenschaft als Komplementär oder als Kommanditist. Diese Folge setzt aber beim Komplementär eine vertragliche Vereinbarung (sog. "Nachfolgklausel") voraus. Gleichzeitig führt der BGH in sämtlichen Entscheidungen aus, dass die Beteiligung nicht am Nachlass vorbei übertragen werden kann. Dies ist kein Paradoxon zu der obigen Aussage (Beteiligung fällt nicht in den Nachlass); damit ist nur zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall des gesellschaftsrechtlichen Ausscheidens eines Erben, der nicht als Gesellschafter-Nachfolger berücksichtigt wird, dieser einen seiner Quote entsprechenden Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Gesellschafter-Erben erhält.