7.3.1 Die Steuerpflicht des Übergangs

 

Rz. 325

§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG ist nur auf den Anwachsungserwerb der/des Alt-Gesellschafter/s anzuwenden. In den oben diskutierten Fällen kommt diese Folge nur bei der Fortsetzungsklausel oder bei der gesetzlichen Nachfolge bei einer OHG zum Tragen. Weitere Voraussetzung für einen steuerpflichtigen Erwerb ist, dass der Steuerwert des erworbenen Anteils höher ist als die Abfindungsschuld, die seitens der OHG an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlen ist und der als Auseinandersetzungsanspruch auf den/die Erben übergeht.

 

Rz. 326

Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden:

  1. Im Falle einer mehrgliedrigen (mindestens aus drei Personen) bestehenden Personengesellschaft (OHG) vollzieht sich der Übergang auf die verbleibenden Alt-Gesellschafter der bestehenden OHG.
  2. Im Falle einer zweigliedrigen OHG (Personengesellschaft) wird die OHG umgewandelt in ein Einzelunternehmen ("Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters") und der Ex-Gesellschafter ist nunmehr das alleinige Besteuerungssubjekt (s. auch R E 3.4 Abs. 2 ErbStR).
 

Rz. 327

In allen anderen Fällen vollzieht sich der Erwerb der Beteiligung bzw. des Ausscheidungsguthabens durch die Erben unmittelbar nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Bei Gesellschafternachfolge ist diese Grundnorm (1. Anwendungsfall) m. E. nur analog anzuwenden, weil eben der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge hier nicht greift. Ansonsten – bei Geldansprüchen – kommt § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Fall ErbStG unmittelbar zur Anwendung.

 

Rz. 328–329

vorläufig frei

7.3.2 Die Bewertung

 

Rz. 330

Gem. § 109 Abs. 2 i. V. m. § 97 Abs. 1a BewG wird der gemeine Wert des Anteils an einer Personengesellschaft grundsätzlich wie folgt ermittelt:

(1a) Nach Ermittlung des Ertragswerts für die gesamte Personengesellschaft werden die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz den Gesellschaftern vorweg zugerechnet.
(1b) Der verbleibende (d. h. übersteigende) Ertragswert ist nach dem vertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.
(2) Die WG des Sonder-BV (gemeiner Wert) werden den jeweiligen Gesellschaftern gesondert zugerechnet; Schulden im Sonder-BV sind einzubeziehen.
(3) Die Werte aus (1) und (2) ergeben den gemeinen Wert des Anteils an der Personengesellschaft.
 
Praxis-Beispiel

An der A-B-C-OHG sind die Gesellschafter A, B und C zu je einem Drittel beteiligt. A hat ein Kapitalkonto von 100.000 EUR, B und C haben ein Kapitalkonto von jeweils 70.000 EUR. Der gemeine Wert für die OHG (ermittelt nach Ertragswertgesichtspunkten) beträgt 580.000 EUR.

B überlässt der OHG ein – schuldenfreies – Grundstück, das mit 200.000 EUR in der Sonderbilanz I des B ausgewiesen ist (Grundbesitzwert nach § 179 BewG 300.000 EUR). C hat den Gesellschaftsanteil von D erworben und den Kaufpreis, soweit er das Buchkapital überschritten hat, in eine positive Ergänzungsbilanz C eingestellt, die zum Stichtag ein Mehrkapital von 80.000 EUR aufweist. Wie sind die Anteile von A, B und C zu bewerten?

Lösung:

Hinweis: Ergänzungsbilanzen (C) finden keine Berücksichtigung (Änderung der Rechtslage), weil die Ergänzungsbilanzen bei der betriebswirtschaftlichen Ermittlung des Unternehmenswerts nicht berücksichtigt werden; noch gewähren sie den Gesellschaftern zusätzliche Entnahmerechte.

7.3.2.1 Auflösungsklausel (aus einer werbenden Personengesellschaft wird eine Liquidationsgesellschaft)

 

Rz. 331

Die Wandlung der Personengesellschaft in eine Liquidations-Gesellschaft hat keinen Einfluss auf ihre Bewertung. Gem. § 97 Abs. 1a BewG wird der Einheitswert der Personengesellschaft auf die Gesellschafter aufgeteilt. Der Anteil an der Personengesellschaft, der auf die Erbengemeinschaft übergeht, wird schließlich nochmals entsprechend der Erbquote auf die einzelnen Miterben aufgeteilt. Die Verschonungsregelungen können grundsätzlich wegen § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (Betriebsaufgabe) nicht gewährt werden.

 

Rz. 332

Fazit: Bei der Auflösungsklausel erfolgt die anteilige Wertermittlung der ererbten Anteile an der Personengesellschaft in Liquidation anhand § 12 Abs. 5 ErbStG mit dem gemeinen Wert.

7.3.2.2 Fortsetzungsklausel (Fortbestand der Personengesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern)

 

Rz. 333

Nachdem den Erben eine Abfindung nach § 738 BGB gegen die Personengesellschaft zusteht, fällt diese in den Nachlass und ist als Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig. Nachdem dieser Auseinandersetzungsanspruch nach h. M. keine betriebliche Forderung mehr darstellt, sondern privater Natur ist, wird der gemeine Wert mit dem Nennwert der Kapitalforderung (= echter Unternehmenswertanteil) nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 1 BewG angesetzt (s. auch Wälzholz in V/S/W, § 3 Rn. 86).

 

Rz. 334

Zusätzlich fingiert § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG für die verbleibenden Altgesellschafter ebenfalls einen Erwerb von Todes wegen, soweit der ihnen zugewachsene Anteil des ausscheidenden Erblassers mehr wert ist als der Abfindungsanspruch seiner Erben. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, einen Abfindungsanspruch gesellschaftsvertraglich im Falle todesfallbedingten Ausscheidens des Gesellschafters auszuschließen (s. Ulmer/Schäfer in MüKo, § 738 BGB, Rn. 62). Auch solche Klauseln fallen in den Anwendungsbereich des § 3...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?