Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 122
Veräußerung ist die (teil)entgeltliche Übertragung des Eigentums am begünstigt erworbenen Vermögen. Im Falle der Teilentgeltlichkeit erstreckt sich der Nachsteuertatbestand nur auf den entgeltlichen Teil.
Rz. 123
Vorsicht ist insoweit geboten, als der BFH (vom 02.03.2005, BStBl II 2005, 532) die ertragsteuerlichen Wertungen hinsichtlich Einheitstheorie und Trennungstheorie für erbschaftsteuerliche Zwecke nicht anwenden will (so auch R E 13a.12 Abs. 2 Satz 2 ErbStR, H E 13a.12 ErbStH; Brüggemann, ErbBstg 2017, 169; a. A. Jülicher, ZErb 2005, 300; Hübner, ZEV 2005, 354; Geck in K/E, § 13a Rz. 104). Faktisch führt somit jede Gegenleistung (u. a. Abfindung, Gleichstellungsgeld, übernommene Verbindlichkeiten, Tausch, Leistung an Erfüllungs statt i. S. d. § 364 BGB, BFH vom 22.07.2015, BStBl II 2016, 230; R E 13a.12 Abs. 3 Nr. 2 ErbStR) zu einem Nachversteuerungstatbestand i. S. d. § 13a Abs. 6 ErbStG. Es sollte daher darauf geachtet werden, eine Veräußerungsbesteuerung zu vermeiden (Stein, DStR 2012, 1063), wie bspw. durch Wahlvermächtnisse (§ 2154 BGB) oder Bestimmungsvermächtnisse (§§ 2151, 2153 BGB).
Rz. 124
Auch die Erfüllung des Pflichtteils durch Hingabe von begünstigtem Vermögen ist nachsteuerschädlich (R E 13a.12 Abs. 3 Nr. 1 ErbStR), so dass dies aus steuerplanerischer Sicht vermieden werden sollte, zumal der Pflichtteil erst mit der Geltendmachung entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG) und somit noch Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. dessen Erfüllung bestehen. Die gleichen Rechtsfolgen ergeben sich im Falle der Ausschlagung eines Geldvermächtnisses gegen Abfindung mit begünstigtem Vermögen.
Rz. 125
Kein Veräußerungstatbestand wird durch die Teilung einer Gesamthandsgemeinschaft ausgelöst (R E 13a.13 Abs. 3 Satz 2 ErbStR); Gleiches gilt im Falle der (un)echten Realteilung (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 225) oder der Beendigung der Gütergemeinschaft, oder aber der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung (§§ 1371 Abs. 1 BGB, 5 Abs. 1 ErbStG), zumal es in den vorgenannten Fällen zu einem bloßen Übergang des dinglichen Eigentums kommt.
Rz. 126
Wird die Erbengemeinschaft geteilt, sei es durch gebundene oder freie Erbauseinandersetzung oder erblasserische Teilungsanordnung, wird gem. Abs. 5 dem Enderwerber die Begünstigung zugewiesen. In diesen Fällen kommt es somit nicht zu einer Nachversteuerung nach Abs. 6. Dass im Rahmen der Erbauseinandersetzung parallel Abs. 6 Anwendung findet, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, z. B. durch Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen oder Realteilung mit Spitzenausgleich aus eigenem Vermögen des Miterben.
Rz. 127
Qualifizierte Nachfolgeklauseln bei Personengesellschaften gelten als dingliche Teilungsanordnung, die einen unmittelbaren Übergang der Beteiligung an den qualifizierten Nachfolger außerhalb der Erbauseinandersetzung zur Folge haben (R E 13b.1 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Werden an weichende Erben Abfindungsentgelte entrichtet, stellt dies kein schädliches Ereignis i. S. d. Abs. 6 dar. Zu achten ist ferner auf die Zwangsentnahme von Sonderbetriebsvermögen, die zu einer Entnahme gem. § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG führen kann, ggf. zu einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils, wenn es sich hierbei um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt.
Rz. 128
Schlägt der Erbe gegen Abfindung aus, ist dies unschädlich; Gleiches gilt für die unmittelbare Veräußerung eines Erbteils, bei Erbauseinandersetzung im zeitlichen Zusammenhang zum Erbfall (FG Münster 03.06.2004, 3 K 1433/02, EFG 2004; Söffing in Wilms/Jochum, ErbStG, § 13a Rn. 130).
Rz. 129
Unschädlich ist ebenfalls der Übergang des begünstigten Vermögens von Todes wegen oder die unentgeltliche Übertragung innerhalb der Behaltensfristen (R E 13a.12 Abs. 2 ErbStR). Bei Erwerben von Todes wegen ist dies der Fall bei Übergängen aufgrund Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) oder Vermächtnissen ohne Gegenleistung (§§ 1939, 2174 BGB). Ob dies auch für Kaufrechtsvermächtnisse gilt, ist ggf. fraglich (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 232).
Rz. 130
Die Einräumung eines obligatorischen Nutzungsrechts ist mangels Übertragung von Vermögenssubstanz unschädlich (H E 13a.12 ErbStH). Dies gilt auch im Falle der mitunternehmerischen Ausgestaltung, die jedoch aufgrund der Anwendung der Begünstigungen selbst Abs. 6 unterliegt (Urbach, KÖSDI 2014, 19136, 19139). Auch der Vorbehalt eines Nießbrauchs ist als unentgeltlicher Vorgang unschädlich; eine Gegenleistung wird nämlich vom Erwerber nicht gewährt, da der Übertragende lediglich eine Rechtsposition des vormaligen Eigentums zurückbehält (Geck in K/E, § 13a Rn. 105). Auch die Duldungsauflage ist unschädlich (R E 13a.12 Abs. 2 Satz 4 ErbStR).
Rz. 131
vorläufig frei