Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 136
§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 HS 1 ErbStG erfasst die Veräußerung eines Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft i. S. d. § 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG, den Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA oder einen Anteil daran. Hierzu zählen auch Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn diese steuerrechtliches Sonderbetriebsvermögen darstellen oder sich aufgrund einer bestehenden Betriebsaufspaltung im Betriebsvermögen des Betriebsunternehmens befinden (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 380). Aufgrund der bewertungsrechtlichen und erbschaftsteuerlichen Gleichbehandlung eines Gewerbebetriebs mit dem zur Ausübung eines freien Berufs dienenden Vermögens sind als betriebliches Vermögen i. S. d. Vorschrift auch freiberufliche Praxen und Sozietätsanteile anzusehen (R E 13a.13 Abs. 1 Satz 4 ErbStR).
Rz. 137
Voraussetzung für den Wegfall des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags ist, dass das betriebliche Vermögen in Form eines Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft i. S. d. § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA oder eines Anteils daran veräußert wird. Dafür müssen sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. R E 13a.13 Abs. 2 Satz 4 ErbStR) in einem einheitlichen Vorgang auf den Erwerber übertragen werden (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 266). Der Zeitpunkt der schädlichen Verfügung bestimmt sich nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht nach der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Veräußerung, sondern nach dem obligatorischen Rechtsgeschäft (R E 13a.13 Abs. 1 Satz 2 ErbStR). Diese Auffassung ist umstritten und wird u. E. zu Recht in der weit überwiegenden Literatur abgelehnt, da es im Rahmen der Behaltensregelungen, wie bereits bei dem Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 9 ErbStG, zumindest auf den tatsächlichen Übergang des zivilrechtlichen Eigentums ankommen muss (so z. B. Stalleiken in vO/L, § 13a Rn. 139 m. w. N.; Claussen/Thonemann-Micker in BeckOK ErbStG, § 13a Rz. 208; Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 210; a. A. Weinmann in Moench/Weinmann, § 13a Rz. 125, 136 (Stand: Dezember 2017)).
Rz. 138
Bereits nach dem Sinn und Zweck des § 13a Abs. 6 ErbStG erfasst die Vorschrift ausschließlich begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG, welches zuvor unentgeltlich übertragen wurde. War der Erwerber bereits vor dem maßgebenden Besteuerungszeitpunkt an demselben Gewerbebetrieb beteiligt und hat sich somit im Rahmen der unentgeltlichen Übertragung seine Beteiligung lediglich erhöht, ist bei einer Veräußerung eines Teils seiner Beteiligung regelmäßig davon auszugehen, dass zunächst der ihm bereits vor der unentgeltlichen Übertragung gehörende Teil der Beteiligung veräußert wird (R E 13a.13 Abs. 1 Satz 5 ErbStR). Auch fällt nur die Veräußerung betrieblichen Vermögens in EU-/EWR-Staaten unter Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 HS 1. Die Veräußerung betrieblichen Vermögens in Drittstaaten sowie von nicht begünstigungsfähigem Vermögen hat daher nicht den Wegfall des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags zur Folge (vgl. auch R E 13a.13 Abs. 4 i. V. m. R E 13b.5 Abs. 4 ErbStR).
Rz. 139
Der BFH hält streng an dem ertragsteuerlichen Begriff der Veräußerung fest und sieht Veräußerungsvorgänge i. S. d. § 16 EStG grundsätzlich als für die Behaltensfrist schädlich an (vgl. z. B. BFH vom 16.02.2005, BStBl II 2005, 571; Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 267). Nach zutreffender Ansicht ist ein solch enges Begriffsverständnis jedoch im Wege der teleologischen Reduktion umzudeuten und eine schädliche Veräußerung dann nicht gegeben, wenn in einer Gesamtbetrachtung dem betrieblichen Bereich kein begünstigungsfähiges Vermögen entzogen wird (vgl. z. B. Riedel in Daragan/Halaczinsky/Riedel, § 13a Rz. 201; Löcherbach in V/S/W, § 13a Rz. 85). Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn Vermögen zwischen zwei beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften veräußert wird. Mangels Äußerungen der Finanzverwaltung sollte ein solches Unterfangen jedoch grundsätzlich im Rahmen eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abgesichert werden (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 267).
Rz. 140
vorläufig frei