Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Richtlinien:
R B 176.1 und 176.2 ErbStR.
Erlasse:
BVO-Abgrenzungserlass vom 05.06.2013 (BStBl I 2013, 734).
1 Allgemeines
Rz. 1
Die wirtschaftliche Einheit im Grundvermögen ist das Grundstück (§ 70 Abs. 1 BewG). Zum Grundvermögen können viele wirtschaftliche Einheiten "Grundstück" gehören. Besteht ein Nachlass aus fünf verschiedenen Grundstücken, so beinhaltet das Grundvermögen fünf wirtschaftliche Einheiten, die getrennt voneinander zu bewerten sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 sowie Satz 3 und 4 BewG). Die Summe der Grundbesitzwerte i. S. d. § 157 Abs. 3 Satz 1 BewG ergibt das Grundvermögen.
Rz. 2
§ 176 BewG definiert zum einen, was zum Umfang der wirtschaftlichen Einheit Grundstück (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG) gehört, bzw. zum anderen, was neben Grundstücken auch noch dem Grundvermögen zuzurechnen ist (§ 176 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BewG). Dabei wird in Abs. 1 eine positive Auflistung aufgenommen und in Abs. 2 eine negative Abgrenzung vorgenommen.
Grundbesitz, der zum Grundvermögen gehört, ist von Grundbesitz im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und im BV abzugrenzen (§ 176 Abs. 1 BewG). Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, was einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt ist. Nur wenn die in §§ 158 und 159 BewG genannten Voraussetzungen für die Zurechnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nicht vorliegen, können die Wirtschaftsgüter, insb. Grund und Boden sowie Gebäude, zum Grundvermögen gehören.
Die Abgrenzung zwischen Grundvermögen und dem zum BV gehörenden Grundbesitz (Betriebsgrundstücke) ergibt sich aus § 176 Abs. 1 i. V. m. §§ 95 und 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG. Nach § 95 Abs. 1 BewG umfasst das BV alle Teile eines Gewerbebetriebs i. S. d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum BV gehören. Grundstücke, die ertragsteuerlich dem notwendigen oder gewillkürten BV zugerechnet werden, stellen bewertungsrechtlich Betriebsgrundstücke dar und sind demzufolge im BV zu erfassen (R B 99 ErbStR).
Rz. 3
vorläufig frei
2 Umfang der wirtschaftlichen Einheit "Grundstück" (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG)
Rz. 4
Der Umfang der wirtschaftlichen Einheit ist nach der Art des Grundstücks zu bestimmen. Er richtet sich nach § 157 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG. Danach bilden i. d. R. viele Wirtschaftsgüter die wirtschaftliche Einheit. Die in § 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG verwendeten Begriffe erschließen sich aus dem Zivilrecht.
Rz. 5
Bei einem unbebauten Grundstück gehören der Grund und Boden (abgrenzbare Fläche der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit; § 905 BGB) und die sonstigen Bestandteile (Außenanlagen wie z. B. Zaun, Mauer oder gepflanzte Bäume; § 94 Abs. 1 BGB) dazu.
Bei bebauten Grundstücken sind dies:
- Grund und Boden (abgrenzbare Fläche der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit; § 905 BGB).
- Die vorhandenen Gebäude (auch Nebengebäude, wie z. B. frei stehende Garage) inkl. aller wesentlichen Bestandteile (z. B. Türen, Fenster, Treppen, Heizung, individuell gefertigte Einbauküchen, ggf. auch Mietereinbauten; § 94 Abs. 2 BGB).
- Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist (BFH vom 28.05.2003, BStBl II 2003, 693). Auch unter der Erd- oder Wasseroberfläche befindliche Bauwerke, z. B. Tiefgaragen, können Gebäude sein. Das Gleiche gilt für Bauwerke, die ganz oder zum Teil in Berghänge eingebaut sind. Ohne Einfluss auf den Gebäudebegriff ist auch, ob das Bauwerk auf eigenem oder fremdem Grund und Boden steht.
- Der Gebäudebegriff ist insb. von den sog. BVO, die nicht zum Grundvermögen gehören (§ 176 Abs. 2 Nr. 2 BewG), abzugrenzen. Einzelheiten zum Gebäudebegriff können demnach dem BVO-Abgrenzungserlass vom 05.06.2013 (BStBl I 2013, 734) entnommen werden (s. Rn. 14 ff.).
- Sonstige Bestandteile (Außenanlagen wie z. B. Gartenanlage, gepflasterter Gehweg, Garagenzufahrt, Umzäunung; § 94 Abs. 1 BGB), aber auch subjektiv-dingliche Rechte i. S. v. § 96 BGB (wie z. B. Wegerecht).
- Zubehör i. S. d. § 97 BGB. Zum Zubehör rechnen bewegliche selbstständige Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache zu dienen bestimmt sind, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, und entsprechend dieser Bestimmung zu der Hauptsache in einem bestimmten räumlichen Verhältnis stehen. Zubehör muss auf Dauer dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache gewidmet sein (z. B. Heizöl, Rasenmäher, Treppenläufer).
Gehört ein WG nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG zum Grundvermögen bedeutet dies, dass es im Grundbesitzwert enthalten ist.
Rz. 6
Nicht zur wirtschaftlichen Einheit "Grundstück" gehören demnach (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG im Umkehrschluss):
- Scheinbestandteile i. S. d. § 95 BewG. Sie werden je nach Nutzung einer anderen Vermögensart zugeordnet. Die Frage, ob eine mit dem Grund und Boden verbundene Sache als Scheinbestandteil nicht zum Grundvermögen gem. BewG gehört, ist ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu entscheiden (§ 95 BGB). Diese Entscheidung erfolgt f...