Änderung wegen neuer Tatsachen

Eine bestandskräftige Steuerfestsetzung kann wegen neuer Tatsachen geändert werden, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Arbeitgeber kostenlose Mahlzeiten gewährt hat.

Kostenlose Verpflegung des Arbeitgebers wurde nachträglich bekannt

Der Kläger war als Kapitän an Bord eines Schiffes tätig und erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Während seiner Einsätze erhielt er kostenlose Verpflegung an Bord. Die Lohnsteuerbescheinigungen enthielten dabei keine Eintragung des Großbuchstabens M, was eigentlich angezeigt gewesen wäre, um die Verpflegung zu belegen. In seinen Steuererklärungen der Streitjahre machte der Kläger Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten ohne Kürzungsbeträge aufgrund der Mahlzeitengestellung geltend. Die Werbungskosten wurden zunächst entsprechend anerkannt und es ergingen entsprechende Einkommensteuerbescheide. Nach Bestandskraft erhielt das Finanzamt durch eine Kontrollmitteilung Kenntnis von der unentgeltlichen Verpflegung sowie der Übernahme von Fahrtkosten durch den Arbeitgeber und änderte die Einkommensteuer der Jahre 2014 bis 2016 auf der Grundlage von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg, sodass er Klage beim zuständigen FG Bremen erhob.

Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab, da die Änderungen der Einkommensteuerfestsetzungen 2014 bis 2016 rechtmäßig gewesen seien. Das Finanzamt habe zu Recht eine Änderung wegen des nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen vorgenommen. Die maßgebliche Tatsache sei hier, dass dem Kläger von seinem Arbeitgeber für seine Tätigkeit an Bord Mahlzeiten zur Verfügung gestellt worden seien und dieser auch die Fahrtkosten zu und von den Häfen getragen habe. Diese Tatsache sei erst durch eine Kontrollmitteilung bekannt geworden, nachdem die erste Veranlagung bereits durchgeführt worden war. Durch die Kostenübernahme und die Mahlzeitengestellung scheide ein Ansatz von Werbungskosten in der geltend gemachten Höhe aus. Ein Mitverschulden des Finanzamts, welches einer Änderung entgegensteht, sei hier nicht ersichtlich. Der Kläger habe vielmehr seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er in der Anlage N keine Angaben zur Mahlzeitengestellung gemacht habe.

Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers 

Es ist fraglich, ob die Entscheidung des FG Bremen wirklich so ergehen musste, wie sie ausgefallen ist. Unstreitig ist, dass der Kläger den Verpflegungsmehraufwand zu Unrecht geltend gemacht hat, da der Arbeitgeber die Mahlzeiten auf dem Schiff gestellt hat. Auch ist unstreitig, dass der Kläger durch die fehlende Angabe in der Anlage N seinen Mitwirkungspflichten nicht in vollem Umfang nachgekommen ist. Andererseits stellt sich die Frage, warum das Finanzamt die Angaben in der Anlage N einfach ungeprüft übernommen hat, obwohl ersichtlich war, dass der Kläger als Kapitän an Bord eines Schiffes tätig war. Meines Erachtens hätte hier im Rahmen der Veranlagung eine Nachfrage aufgrund der fehlenden Plausibilität der Erklärung durchaus angezeigt sein können, denn wie anders als durch den Arbeitgeber sollte die Mahlzeitengestellung an Bord eines Schiffes erfolgen. Insofern einfach das Verschulden auf den Steuerpflichtigen abzuwälzen, wie es das Finanzgericht getan hat, greift zu kurz. Ein erhebliches Maß an Mitverschulden trifft zumindest auch das Finanzamt. Hätte der zuständige Sachbearbeiter im ersten Jahr 2014 nachgefragt, wäre es  zu den falschen Veranlagungen gar nicht erst gekommen. Zu einer Überprüfung des Urteils wird es gleichwohl leider wahrscheinlich nicht kommen, da die Revision nicht zugelassen wurde.

FG Bremen, Urteil v. 23.5.2019, 1 K 227/18


Schlagworte zum Thema:  Steuerbescheid, Verpflegung