Herstellung einer öffentlichen Mischwasserleitung

Bei der Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung fehlt der für eine steuerbegünstigte Handwerkerleistung erforderliche räumlich-funktionale Zusammenhang mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen.

Hintergrund: Baukostenzuschuss für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung

Die Eheleute sind Eigentümer eines von ihnen bewohnten Einfamilienhauses. Das Abwasser wurde seit 1993 über eine Sickergrube auf dem Grundstück entsorgt. In 2011 schloss der Abwasserzweckverband (AZV) das Grundstück an die öffentliche Kläranlage an und forderte von den Eheleuten für die Herstellung der Mischwasserleitung einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag (rund 4.000 EUR). Das FA lehnte die Berücksichtigung dieses Betrags als Handwerkerleistung i.S.v. § 35a EStG ab.

Das FG gab der dagegen erhobenen Klage, mit der die Eheleute die Berücksichtigung in Höhe des geschätzten Lohnkostenanteils (2.300 EUR) geltend machten, mit der Begründung statt, auch dem Haushalt dienende Leistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht würden seien begünstigt.

Entscheidung: Im Unterschied zum Hausanschluss ist der Anschluss an das öffentliche Netz nicht begünstigt

Der BFH widerspricht dem FG. Die Handwerkerleistung muss "in" einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Den Begriff "im Haushalt" legt der BFH räumlich-funktional aus. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei aber um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt an das öffentliche Versorgungsnetz (Trinkwasser, Abwasser) angeschlossen wird (BFH v. 20.3.2014, VI R 56/12, BStBl II 2014 S. 882; BMF, Schreiben v. 9.11.2016, BStBl I 2016 S. 1213, Anlage 1 "Hausanschlüsse an Ver- und Entsorgungsnetze").

Das öffentliche Netz gehört nicht zum Haushalt

Im Streitfall handelt es sich nicht um die Kosten für den eigentlichen Grundstücksanschluss (= Verbindung des öffentlichen Sammelnetzes mit der Grundstücksentwässerungsanlage, beginnend mit der Abzweigstelle von der Sammelleitung und endend mit dem Grundstücksanschlussschacht an der Grundstücksgrenze des Anschlussgrundstücks), sondern um die teilweise Abdeckung der Kosten für die Herstellung bzw. Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wurde, d.h. das öffentliche Sammelnetz. Anders als der Haus- oder Grundstücksanschluss ist das öffentliche Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz nicht mehr zum Haushalt i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zu zählen. Hier fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Handwerkerleistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers. Denn die Zahlung erfolgt dann für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes, das – im Unterschied zum Hausanschluss - nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern des Netzes zugutekommt. Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.

Hinweis: Unterscheidung zwischen begünstigtem Hausanschluss und nicht begünstigtem Anschluss an das öffentliche Netz

Der BFH stellt – in Abgrenzung zu dem Urteil v. 20.3.2014, VI R 56/12 (BStBl II 2014 S. 882) - klar, dass der räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt nicht gegeben ist, wenn für die Verlegung einer Leitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Zuschuss erhoben wird. Denn im Unterschied zum eigentlichen Hausanschluss dient der Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern des Netzes. Die Arbeiten werden damit nicht "im Haushalt" erbracht. Unerheblich ist, wenn der Baukostenzuschuss - wie im Streitfall - beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben wird. Entscheidend ist allein, ob die Maßnahme das öffentliche Sammelnetz betrifft oder den Haus- oder Grundstücksanschluss im Sinne der Verbindung des öffentlichen Verteilungs- oder Sammelnetzes mit der Grundstücksanlage.

Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass steuerbegünstigte Handwerkerleistungen auch durch die öffentliche Hand erbracht werden können, z.B. wenn ein Zweckverband mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig wird. Unerheblich ist, auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten für den Hausanschluss erhebt (entgegen BMF, Schreiben v. 9.11.2016, BStBl I 2016 S. 1213, Rz. 22).

BFH, Urteil v. 21.2.2018, VI R 18/16; veröffentlicht am 13.6.2018.


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