Verfall von Knock-out-Produkten

Hintergrund
Zu entscheiden war, ob - nach der Rechtslage vor Einführung der Abgeltungsteuer - Verluste aus Geschäften mit Knock-out-Produkten steuerlich berücksichtigt werden können.
A tätigte in 2006 Optionsgeschäfte mit Knock-out-Produkten. Bei Eintritt einer Bedingung verfällt die Option ohne eine Entscheidung des Käufers. Die von A erworbenen Optionsscheine waren an Indizes bzw. an den Kurs einer bestimmten Aktie gekoppelt. Sie verfielen vorzeitig und wurden wertlos, weil der Kurs des Basiswerts die Knock-out-Schwelle berührt oder unterschritten hatte. Insgesamt erwirtschaftete A in 2006 Gewinne aus Geschäften mit Wertpapieren und Knock-out-Produkten, die er als Spekulationsgeschäfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erklärte und die das FA der Besteuerung unterwarf. Zudem erwarb A Optionsscheine als Knock-out-Produkte, die bei Erreichen der Knock-out-Schwelle verfielen und nicht zu einem Differenzausgleich führten.
A begehrte die steuermindernde Berücksichtigung der Anschaffungskosten als fehlgeschlagene Werbungskosten aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das FA war dagegen der Auffassung, die Verluste aus verfallenen Optionsscheinen könnten mangels Vorliegens einer Veräußerung nicht berücksichtigt werden. Ebenso entschied das FG und wies die Klage ab.
Entscheidung
Bei einem privaten Veräußerungsgeschäft (§ 23 Abs. 1 EStG) handelt es sich um einen gestreckten Steuertatbestand, der mit der Anschaffung beginnt und mit der Veräußerung verwirklicht wird. Aufwendungen innerhalb des Spekulationszeitraums können daher grundsätzlich Werbungskosten sein. Das bedeutet aber nicht, dass die Anschaffungskosten auch dann abziehbar wären, wenn es nicht zu einem - die Steuerbarkeit begründenden - Veräußerungsgeschäft kommt. Denn der Steuertatbestand ist dann nicht vollständig verwirklicht. Macht also der Anleger von seinem Recht auf Differenzausgleich innerhalb der Frist Gebrauch, ist das Ergebnis steuerbar. Andernfalls fällt die Tätigkeit insgesamt in die nicht steuerbare Vermögenssphäre. Wenn der Erwerber sein Recht nicht innerhalb eines Jahres ausübt oder veräußert und es verfällt, sind der Erwerb eines Zertifikats und die damit verbundenen Aufwendungen daher steuerrechtlich ohne Bedeutung.
Die Revision des A wurde daher zurückgewiesen. Unerheblich ist, dass A für den Fall des Nichtüberschreitens der Knock-out-Schwelle die Option ausüben wollte. Denn ein derartiger subjektiver Tatbestand ist nicht steuerbar.
Hinweis
Die Entscheidung ist zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der Fassung vor Einführung der Abgeltungsteuer (Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007) ergangen. Zweifelhaft ist, ob die vom BFH in der Entscheidung entwickelten Grundsätze auch nach Einführung der Abgeltungsteuer (ab 2009) gelten. Die steuerliche Behandlung von Optionsgeschäften ist jetzt in § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG n.F. geregelt. Auch nach der Neuregelung geht die Verwaltung davon aus, dass der Verlust beim Verfall einer Kauf- oder Verkaufsoption steuerlich nicht relevant ist (BMF, Schreiben v. 22.10.2009, BStBl 2010 I S. 94, Rz. 27, 32). Dagegen werden im Schrifttum - ausgehend vom Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit - grundlegende Bedenken erhoben. Daraus, dass der BFH ausdrücklich erwähnt, die in der aktuellen Entscheidung entwickelten Maßstäbe hätten für die neue Rechtslage keine Geltung, kann wohl geschlossen werden, dass der BFH die Auffassung des BMF von der Nichtabziehbarkeit nicht teilt.
BFH, Urteil v. 10.11.2015, IX R 20/14, veröffentlicht am 30.12.2015
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