OFD Frankfurt, Verfügung v. 16.6.2005, S 0187 A - 12 - St ll 1.03
Nach § 68 Nr. 9 AO sind Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert, einschließlich ihrer Auftragsforschung als Zweckbetrieb anzusehen. Erfüllt die Forschungseinrichtung die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs nicht, ist die gesamte Forschungstätigkeit ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (vgl. KSt-Kartei § 5 KStG Karte H 128 Abschn. I. 2.).
Hinsichtlich der Selbstlosigkeit von Forschungseinrichtungen sind folgende Grundsätze zu beachten:
Eine Körperschaft ist nicht selbstlos tätig und kann deshalb nicht als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie in erster Linie nicht steuerbegünstigte, sondern eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO). Zweckbetriebe sind bei dieser Abgrenzung dem ideellen steuerbegünstigten Bereich zuzuordnen. Wenn eine Forschungseinrichtung nach § 68 Nr. 9 AO ein Zweckbetrieb ist, besteht deshalb die unwiderlegbare Vermutung, dass das Schwergewicht ihrer Tätigkeit im steuerbegünstigten Bereich liegt. Dagegen ist bei einer Forschungseinrichtung, auf die § 68 Nr. 9 AO anzuwenden ist, die die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Behandlung als Zweckbetrieb jedoch nicht erfüllt, davon auszugehen, dass sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Hierbei ist zwischen folgenden Fallgestaltungen zu unterscheiden:
1. Die Forschungstätigkeit steht im Vordergrund der Körperschaft und § 68 Nr. 9 AO ist anzuwenden. Die Körperschaft betreibt – gemessen am Zeitaufwand – überwiegend Auftragsforschung. Sie finanziert sich jedoch überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus Vermögensverwaltung.
Nach § 68 Nr. 9 AO stellt die gesamte Forschung einschließlich der Auftragsforschung einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb dar. Obwohl die Auftragsforschung der Körperschaft das Gepräge gibt, ist diese aufgrund der Regelung des § 68 Nr. 9 AO begünstigt und mithin gemeinnützigkeitsunschädlich.
2. Die Forschungstätigkeit steht im Vordergrund der Körperschaft und § 68 Nr. 9 AO ist anzuwenden. Die Körperschaft betreibt – gemessen am Zeitaufwand – überwiegend Auftragsforschung und finanziert sich nicht überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus Vermögensverwaltung.
In diesem Fall stellt die gesamte Forschung nach § 68 Nr. 9 AO einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. § 65 AO ist nicht anzuwenden, da § 68 Nr. 9 AO als lex specialis vorgeht. Diese – steuerpflichtige – Tätigkeit gibt der Körperschaft das Gepräge. Mangels Selbstlosigkeit kommt die Steuerbegünstigung daher nicht in Betracht.
3. Die Forschungstätigkeit steht im Vordergrund der Körperschaft und § 68 Nr. 9 AO ist anzuwenden. Die Körperschaft betreibt – gemessen am Zeitaufwand – überwiegend eigene Forschung und finanziert sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus Vermögensverwaltung.
Die gesamte Forschung stellt sich nach § 68 Nr. 9 AO als steuerbegünstigter Zweckbetrieb dar. Die Voraussetzungen der Selbstlosigkeit sind erfüllt.
4. Die Forschungstätigkeit steht im Vordergrund der Körperschaft und § 68 Nr. 9 AO ist anzuwenden. Die Körperschaft betreibt – gemessen am Zeitaufwand – überwiegend eigene Forschung. Sie finanziert sich jedoch nicht überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus Vermögensverwaltung.
Die gesamte Forschung ist nach § 68 Nr. 9 AO als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen. § 65 AO ist nicht anzuwenden, da § 68 Nr. 9 AO als lex specialis vorgeht. Da der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Körperschaft das Gepräge gibt, kann eine Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft i.S. der §§ 51 ff. AO trotz der überwiegend durchgeführten eigenen Forschung mangels Selbstlosigkeit nicht erfolgen.
Normenkette
AO 1977 § 68 Nr. 9