Unternehmereigenschaft und Vorsteuerabzug bei Forschungseinrichtungen
Forschungseinrichtungen können in unterschiedlicher Form auftreten und dabei sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich unterhalten. Darüber hinaus finanzieren sie sich häufig in nicht unerheblichem Umfang aus öffentlichen Zuschüssen. D
Sa es in der Vergangenheit offensichtlich unterschiedliche Beurteilungen über den Umfang der unternehmerischen Betätigung und den damit zusammenhängenden Vorsteuerabzug gegeben hatte, hat die Finanzverwaltung erstmals in Abschn. 2.10 UStAE Hinweise zur Unternehmereigenschaft von Forschungseinrichtungen und deren Vorsteuerabzugsberechtigung aufgenommen; dies illustriert die Finanzverwaltung (Abschn. 2.10 Abs. 10 UStAE) an 5 Beispielen. Darüber hinaus wird eine vereinfachende Berechnungsmethode zur Ermittlung der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge vorgestellt.
Unternehmerischer und nichtunternehmerischer Bereich
Forschungseinrichtungen sind Einheiten, die Forschungsprojekte oder Forschungsprogramme durchführen. Sie können rechtlich selbständige Unternehmer oder unselbständiger Teil des unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereichs einer anderen rechtlich selbständigen Einrichtung sein.
Da Forschungseinrichtungen – wie jede andere Einrichtung auch – nur in ihrem unternehmerischen Bereich zu einem Vorsteuerabzug für bezogene Leistungen berechtigt sein können, ist die Unterteilung in den unternehmerischen Bereich und den nichtunternehmerischen Bereich Voraussetzung für die weitere umsatzsteuerrechtliche Beurteilung. Die Finanzverwaltung hat dazu ausführlich Stellung genommen und folgende Unterteilung vorgenommen:
Forschungseinrichtung | |
unternehmerischer Bereich | nichtunternehmerischer Bereich |
Eigenforschung (z. B. Forschung und nachfolgend Lizenzerteilung) | reine Lehre (Lehrbeauftragung und Betreuung von Studierenden) |
Auftragsforschung | Ausbildung über den betrieblichen Bedarf hinaus |
Technologietransfer, soweit die Forschungsergebnisse nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen verwendet werden | Öffentlichkeitsarbeit mit Breitenwirkung (z. B. Tage der offenen Tür, Besucherprogramme, Schülerlabore) |
Grundlagenforschung, soweit dazu dienend, die unternehmerische Verkaufstätigkeit zu steigern und die Marktposition zu stärken | Grundlagenforschung in abgrenz-baren Teilbereichen ( dies können organisatorische Einheiten - z. B. Institute - sein), die ohne nachhaltige Einnahmeerzielungsabsicht ausgeführt wird |
Überlassung von Forschungsinfrastruktur gegen Entgelt an Dritte | Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems |
Forschung, soweit aufgrund der Satzung eine entgeltliche Verwertung untersagt ist |
Ebenfalls dem nichtunternehmerischen Bereich zuzurechnen ist die Erbringung eigenständiger Leistungen, die keine Forschungstätigkeiten sind und ihren Grund im Gesellschaftsvertrag, in der Satzung oder der Zugehörigkeit zu Forschungsorganisationen haben, sofern bei diesen Leistungen von vornherein nicht die Absicht besteht, sie gegen Entgelt zu vermarkten.
Berechtigung zum Vorsteuerabzug
Bezieht die Forschungseinrichtung Leistungen, die ihrem unternehmerischen Bereich zuzuordnen sind, ist sie unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Leistungen, die für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen werden, schließen den Vorsteuerabzug grundsätzlich aus. Leistungsbezüge, die sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Ausgangsleistungen verwendet werden sollen, sind analog § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen.
Unerheblich ist für die Zuordnung oder eine evtl. notwendige Aufteilung von Vorsteuerbeträgen, ob und in welchem Umfang sich die Forschungseinrichtung aus nichtsteuerbaren (öffentlichen) Zuschüssen finanziert.
Vereinfachungsregelung
Da in der Praxis eine exakte Trennung in den unternehmerischen und den nichtunternehmerischen Bereich schwierig ist, lässt die Finanzverwaltung im Rahmen einer Vereinfachungsregelung eine schematische Berechnung eines Prozentsatzes zu, der den Vorsteuerabzug ausschließt. Dabei sind in einem 1. Schritt die Kosten des nichtunternehmerischen Bereichs zu ermitteln:
Kosten der Gesamtleistung (z. B. aus der Kosten- und Leistungsrechnung; nur alle vorsteuerbelasteten Kosten) | ||
./. | Kosten für Forschung und experimentelle Entwicklung, soweit unternehmerisch | Hier sind auch die zurechenbaren allgemeinen Aufwendungen zu berücksichtigen. |
./. | Kosten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und der Vermögensverwaltung | |
= | Kosten des nichtunternehmerischen Bereichs |
In einem 2. Schritt ist der Prozentsatz der nicht für das Unternehmen bezogenen Vorsteuern zu ermitteln:
Kosten des nichtunternehmerischen Bereichs * 100 | = Prozentsatz der nicht für das Unternehmen bezogenen Vorsteuern |
Kosten der Gesamtleistung |
Als allgemeine Aufwendungen gelten Kosten für den Betrieb und Erhalt der allgemeinen Infrastruktur (z. B. Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Facility Management), der Unternehmensleitung (z. B. Vorstand, Stäbe), der Verwaltung (z. B. Finanzwesen, Controlling, Einkauf) und allgemeine innerbetriebliche Dienstleistungen (z. B. Werkschutz).
Konsequenzen für die Praxis
Forschungstätigkeiten bewegen sich in einem in der Praxis oft schwer umsatzsteuerrechtlich eindeutig zu beurteilenden Bereich. Deshalb ist es positiv, dass die Finanzverwaltung überschaubare Regelungen vorgibt, die den davon betroffenen Einrichtungen einen Fahrplan vorgeben, wie bei der Frage des Vorsteuerabzugs vorgegangen werden kann. Wichtig ist dabei auch – da es hier in der Vergangenheit in der Praxis teilweise zu Streitfällen gekommen war -, dass es für die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung nicht darauf ankommt, ob sich die Tätigkeit auch oder überwiegend aus öffentlichen (nicht steuerbaren) Zuschüssen finanziert.
Grundsätzlich ist darüber hinaus zu beachten, dass bei einem unternehmerischen und einem nichtunternehmerischen Bereich (hier einem "nichtwirtschaftlichen Bereich") kein Zuordnungswahlrecht für einheitliche bezogene Wirtschaftsgüter (z. B. Immobilien, Geräte, EDV-Anlagen) besteht. Diese einheitlichen Gegenstände können nur insoweit dem Unternehmen zugeordnet werden, wie sie auch unternehmerisch genutzt werden (Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a UStAE).
Sollte sich später eine höhere unternehmerische Verwendung ergeben, lässt die Finanzverwaltung aus Billigkeitsgründen eine Vorsteuerberichtigung analog § 15a UStG zu (Abschn. 15a.1 Abs. 7 UStAE). Grundsätzlich würde eine Vorsteuerberichtigung eine vollständige Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen voraussetzen, die hier aber aufgrund des aus der Rechtsprechung entwickelten "Aufteilungsgebots" nicht erfolgen kann.
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