1. Zweckbetriebseigenschaft
Tz. 4
Stand: EL 128 – ET: 08/2022
Die Begriffsdefinition des Begriffes Werkstatt für Behinderte ist im AEAO zu § 68 Nr. 3 AO TZ 5 (Anhang 2) ausführlich niedergelegt:
"Der Begriff Werkstatt für behinderte Menschen bestimmt sich nach § 219 SGB IX. Werkstätten für behinderte Menschen bedürfen der förmlichen Anerkennung einer Behörde. Anerkennungsbehörde ist die Bundesagentur für Arbeit, die in Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe über die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt für Behinderte durch Anerkennungsbescheid entscheidet (§ 225 SGB IX)."
Tz. 5
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Dies bedeutet, dass für Werkstätten für Behinderte eine Anerkennung erforderlich ist (s. a. Alber in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, Tz 273). Ziel der Werkstätten für Behinderte ist es also, denjenigen Behinderten, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, einen Arbeitsplatz oder die Gelegenheit zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit zu bieten. Die Werkstatt soll allen Behinderten offenstehen, sofern diese in der Lage sind, spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen zu können. Ziel der Werkstätten für Behinderte ist es daher, eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem der Leistung angemessenen Arbeitsentgelt anbieten zu können und die Leistungs- und Erwerbsfähigkeit behinderter Menschen zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen. Eine besondere Förderungswürdigkeit ist gegeben, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden, die den besonderen Umständen der Menschen mit Behinderung Rechnung tragen und wenn eine Anerkennung durch die Bundesagentur für Arbeit in Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe durch Anerkennungsbescheid vorliegt.
Tz. 6
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Die einzelnen Arbeitsfelder derartiger Werkstätten werden in der REHADAT-Datenbank – einem Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft – geführt. In diese Arbeitsfelder fallen grundsätzlich Produktionsbereiche (Möbelherstellung, Gärtnerei) aber auch Auftragsarbeiten wie z. B. Dienstleistungen, Näherei, Stickerei, Recycling und Verpackungsarbeiten, Hauswirtschaft, Reinigungsarbeiten. Eine Beschränkung der Beschäftigungsfelder auf bestimmte Bereiche wird durch SGB IX nicht vorgenommen (Seeger, Umsatzsteuer-Berater 2015, 19).
Tz. 7
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Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass zu den Werkstätten für Behinderte auch ausgelagerte Arbeitsplätze i. S. d. § 5 Abs. 4 Werkstättenverordnung zählen. Diese ermöglichen den behinderten Arbeitnehmern eine Weiterentwicklung in Richtung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch vor Ort stattfindende Qualifizierungsmaßnahmen unter sonst üblichen Bedingungen. Im Endeffekt bedeutet dies, dass der Beschäftigte am Arbeitsplatz durch die Werkstatt für Behinderte begleitet wird. In dem Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchst. a AO (Anhang 1b) sind alle Produkte erfasst, die von der Behindertenwerkstatt selbst hergestellt werden.
Tz. 8
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Mit unter den Begriff der Behindertenwerkstätten fallen aber auch:
zugekaufte Produkte
Soweit in der Behindertenwerkstatt zugekaufte Produkte angeboten werden, die nicht von anderen Behindertenwerkstätten bezogen wurden, liegen steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe vor, die von der Zweckbetriebsnorm des § 68 Nr. 3 AO (Anhang 1b) nicht umfasst sind (AEAO zu § 68 Nr. 3 AO TZ 5 Abs. 2, Anhang 2). Dies ist damit begründet, dass diese Waren nicht in den Produktionsprozess der Werkstatt eingegangen sind, sondern unverändert weiter veräußert werden oder für den Verkauf lediglich aufbereitet werden. Unter einer Aufbereitung wird verstanden, dass durch die Maßnahmen der Werkstatt nicht mehr als 10 % des Nettowerts der zugekauften Waren verbessert werden.
Im Rahmen einer Neufassung des AEAO im Jahr 2012 wurde die zuvor geltende Wertschöpfungsgrenze von mehr als 10 % des Nettowerts der zugekauften Waren, gestrichen (AEAO zu § 68 Nr. 3 AO TZ 5, Anhang 2; Augsten, 2015, Tz. 4.3.2.4, 154f.
Warenaustausch zwischen verschiedenen Werkstätten
Ein Warenaustausch zwischen Werkstätten für behinderte Menschen ist unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, wenn sich der Austausch auf Produkte der Zweckbetriebe beschränkt (Augsten, 2015, Tz. 4.3.2.4, 155).
Warenaustausch mit Behindertenwerkstätten der EU
Gleiches kann auch für den Warenaustausch mit Werkstätten für Behinderte in anderen EU-Ländern gelten, soweit es sich um eine Werkstätte für Behinderte in einem EU-Land handelt, die mit einer Werkstatt im obigen Sinne vergleichbar ist (Augsten, 2015, Tz. 4.3.2.4, 155).
Verkaufsstätten und Läden für Waren aus Werkstätten für Behinderte
Verkaufsstätten und Läden für Waren aus Werkstätten für Behinderte rechnen dann zum Zweckbetrieb, wenn Produkte veräußert werden, die aus den Werkstätten für stamm...