Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Stand: EL 136 – ET: 04/2024
Neben den kommerziellen gewerblichen auf Jugendreisen spezialisierten Reiseveranstaltern bieten auch viele gemeinnützige Organisationen, wie Wohlfahrtseinrichtungen, Jugendverbände usw., für junge Menschen Jugendreisen an. Dabei handelt es sich häufig um Ferienfreizeiten, in denen Jugendliche in vielfältigster Weise wie beispielsweise in Zeltcamps, Selbstversorgereinrichtungen, Hotelunterkunft, Sportcamps, Sprachreisen usw. betreut werden und an denen nur Kinder und Jugendliche – oft nach Altersgruppen aufgeteilt – teilnehmen können.
Der in der Vergangenheit von der Finanzverwaltung bei der steuerlichen Beurteilung angelegte Maßstab, dass eine Jugendreise einen Zweckbetrieb nach § 65 AO begründet, wenn daran nur Jugendliche unter 18 Jahren teilnehmen (koordinierter Ländererlass vom 02.03.1981, FinMin Niedersachsen, DB 1981, 819), wurde durch ein Urteil des FG Köln vom 19.01.2017 (EFG 2017, 1378) in Frage gestellt.
So vertritt das FG Köln in seinem o. g. Urteil die Auffassung, dass bei einem Verein, der lt. Satzung wegen Förderung der Wohlfahrtspflege anerkannt ist, die Durchführung von Jugendreisen nur dann ein Zweckbetrieb i. S. des §§ 66 AO ist, wenn festgestellt werden kann, dass die Tätigkeit des Vereins in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen zugutegekommen ist. Auch setzt die Annahme eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 AO voraus, das der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Durchführung von Jugendreisen" nicht zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Damit eine von einem steuerbegünstigten Verein durchgeführte Jugendreise als Zweckbetrieb anerkannt werden kann, sollte Folgendes beachtet werden:
bei einem Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO)
Eine Anerkennung einer Jugendreise als Zweckbetrieb "Wohlfahrtspflege" nach § 66 AO setzt voraus, dass der Veranstalter (der Verein) Nachweise über die wirtschaftliche oder persönliche Bedürftigkeit der Jugendlichen nach § 53 AO führen kann. Kann ein Nachweis darüber geführt werden, dass mindestens 2/3 der teilnehmenden Jugendlichen bedürftig i. S. des § 53 AO sind (§ 66 Abs. 3 AO, Anhang 1b), wäre die Jugendreise als steuerbefreiter Zweckbetrieb nach § 66 AO anzuerkennen. Insbesondere greift bei einem Zweckbetrieb nach § 66 AO nicht die Wettbewerbsklausel nach § 65 Nr. 3 AO. Hierbei triff die Nachweispflicht den Verein.
Für die Prüfung und Feststellung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit (§ 53 Satz 1 Nr. 2 AO) gibt es (lt. FG Köln a. a. O.) bei Kindern und Jugendlichen keine Besonderheiten gegenüber der Prüfung bei Erwachsenen. Bei Kindern, die sich noch in Berufsausbildung befinden und die ihren Unterhalt von den Eltern beziehen, kommt es für die Frage der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern an. So sind bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit einzelner Angehöriger einer Haushaltsgemeinschaft die Bezüge aller Haushaltsangehörigen zusammenzurechnen.
bei einem Zweckbetrieb nach § 65 AO
Die Anerkennung einer Jugendreise als Zweckbetrieb nach § 65 AO ist nach dem Urteil des FG Köln nun wesentlich schwerer zu erreichen. So können allgemeine Urlaubs-, Sport- und Freizeitreisen wegen dem bestehenden Konkurrenzverbots nach § 65 Nr. 3 AO – angesichts der Vielzahl kommerziell tätiger vergleichbarer Konkurrenz – kaum noch im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 AO durchgeführt werden. Nur wenn sich eine Jugendreise inhaltlich und pädagogisch klar und deutlich von den Angeboten kommerzieller Reiseveranstalter unterscheidet, kommt ggf. noch eine Anerkennung nach § 65 AO in Betracht.
Die gegen das Urteil des FG Köln eingelegte Revision (Az. V R 10/17) wurde zwischenzeitlich zurückgenommen.
Hinweis
Der Markt der Jugendreisen hat in den letzten Jahren eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für den Markt der Reiseveranstalter angenommen. So betrug allein im Jahr 2013 der Bruttoumsatz im Kinder- und Jugendreisemarkt ca. 28,2 Milliarden Euro. Der Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland sichert den Lebensunterhalt von rund 550 000 Menschen (Tourismuspolitischer Bericht der Bundesregierung vom 18.05.2017, BT-Drs. 18/12505, 35).
Umsatzsteuerlich kann eine Jugendreise ggf. nach § 4 Nr. 23, 25 UStG (Anhang 5) befreit sein, wenn die dort geforderten Bedingungen erfüllt sind. Wird anlässlich der genannten Reisen Begleitpersonal eingesetzt, sind m. E. die gleichen Einordnungskriterien heranzuziehen (vgl. Abschn. 4.25.2 Abs. 4 UStAE). D.h., die umsatzsteuerlichen Entgelte genießen ebenfalls Steuerfreiheit, wenn auch die Leistungen an die Jugendlichen nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden.
Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 UStG (s. Anhang 5) kommt auch dann zur Anwendung kommen, wenn die Einnahmen aus einer Jugendreise keinem Zweckbetrieb zugeordnet werden können, sondern einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. So sieht § 4 Nr. 25...