Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
1. Allgemeines
Tz. 17
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Hat das Mitglied eines Vereins für seine geleisteten Mitgliedsbeiträge einen teilweisen oder einen vollen Anspruch auf eine konkrete Gegenleistung, handelt es sich insoweit um unechte Mitgliedsbeiträge (RFH vom 16.06.1942, RStBl 1942, 916; BFH vom 05.06.1953, BStBl III 1953, 212). Ob und inwieweit die Leistung eines Mitglieds einen echten oder einen unechten Mitgliedsbeitrag darstellt, ist im Wesentlichen von der Zielsetzung (Zweckbestimmung) der jeweiligen Vereinigung abhängig.
Tz. 18
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Hat ein Mitgliedsbeitrag teilweise Entgeltcharakter, ist nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die jeweilige Leistung gesondert zu beurteilen.
Tz. 19
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Für die Annahme unechter Mitgliedsbeiträge ist es nicht erforderlich, dass Einzelleistungen des Vereins durch Einzelvergütungen abgegolten werden. Das Verhältnis Leistung und Gegenleistung liegt auch vor, wenn laufende Leistungen des Vereins durch so genannte Mitgliedsbeiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten werden (AEAO zu § 67a AO TZ 5, Anhang 2.
Steuerfreie echte Mitgliedsbeiträge liegen deshalb z. B. bei Lohnsteuerhilfevereinen (BFH vom 29.08.1973, BStBl II 1974, 60) und Gewinnsparvereinen nicht vor. Die Vermutung gilt auch gegenüber einer Vereinigung in der Rechtsform eines ideellen Vereins, die einen über eine Vermögensverwaltung hinausgehenden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. d. §§ 64, 14 AO (Anhang 1b) unterhält und/oder mit ihren Mitgliedern im Leistungsaustausch steht.
Tz. 20
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Wird eine steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft gegenüber ihren Mitgliedern tätig und erfolgt die Abgeltung der Leistung durch Teile von Mitgliedsbeiträgen (unechte Mitgliedsbeiträge), können diese Einnahmen ggf. einem steuerbefreiten Zweckbetrieb nach den §§ 65–68 AO (Anhang 1b) zugerechnet werden. Soweit dies nicht möglich ist, wären die unechten Mitgliedsbeiträge einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.
2. Ertragsteuerliche Behandlung
Tz. 21
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Unechte Mitgliedsbeiträge haben Entgeltcharakter (BFH vom 02.10.1968, BStBl II 1969, 43). Sie werden geleistet für den Erhalt besonderer wirtschaftlicher Vorteile (z. B. die Zahlung eines "Mitgliedsbeitrags" an einen Kindergarten in privater Trägerschaft, für die Betreuung des Kindes).
1. Besonderheiten bei steuerbegünstigten Körperschaften
Tz. 22
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Unechte Mitgliedsbeiträge bei einem steuerbegünstigten Verein führen zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 14 AO, Anhang 1b). Dient dieser den satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecken (z. B. Beiträge an einen Kindergarten zur Betreuung des eigenen Kindes), können die Beitragszahlungen ggf. einem steuerbegünstigten (steuerbefreiten) Zweckbetrieb zugeordnet werden.
Ist die Zuordnung zu einem Zweckbetrieb nicht möglich, werden die unechten Mitgliedsbeiträge im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO, Anhang 1b) erfasst. Nach Abzug der dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zurechenbaren Aufwendungen unterliegt der Gewinn aller steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe der Körperschaft- und der Gewerbesteuer, soweit die Bruttoeinnahmen sämtlicher steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb die Besteuerungsgrenze von 35 000 EUR übersteigen (§ 64 Abs. 3 AO, Anhang 1b).
2. Steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen
Tz. 23
Stand: EL 134 – ET: 11/2023
Unechte Mitgliedsbeiträge bei einer steuerpflichtigen Körperschaft führen zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, dessen Gewinn – wenn er mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird – der Körperschaft- und der Gewerbesteuer unterliegt. So können steuerbefreite Zweckbetriebe nur steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtungen unterhalten.